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KOMMENTAR

Von Franz R. Stuke
Januar 2010



 

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DAS HEXENFLOSZ

Die Ruhr-Oper

„Die Ruhr“ als Kulturhauptstadt Europas 2010 – als dichteste Kultur-Region mit nicht zählbaren Theatern, Konzertsälen, Museen und Galerien – bereitet sich intensiv auf dieses Jahr des sinnlich erfahrbaren Strukturwandels zur „wirklichen“ Metropole vor: Intensiv kommunizierte „Planung“ entwirft ein Szenario kultureller Highlights, die das scheinbar fest gefügte Klischee der „Ruhr“ als sterbendes Zentrum der Kohle- und Stahl-Region konterkarieren will. Doch im Gegensatz zu Kulturhauptstädten wie Kopenhagen oder Linz, werden diese Aktivitäten nicht die gesamte, unendlich vielfältige „Kulturszene“ des 5,6-Millionen-Lebensraums bestimmen können. Die Theater werden ihre Spielpläne realisieren, die Opernhäuser ihre Konzepte umsetzen, die Museen ihre Programme präsentieren, die Galerien ihre Künstler fördern - und vor allem wird die Off-Szene in Sachen Hip-Hop, Jazz, Film, Pop, Schlager, Ethno-Musik permanente Impulse setzen. Häufig in abgeschotteten Zirkeln, bisweilen sich öffnend für neugierige Outsider – in alten Industrie-Bauten, in Kellern, Kneipen und Kirchen; private „Salons“ entstehen, bislang unentdeckte Räume werden belebt, unbeachtete Talente finden spontanen Zuspruch – so wie das in gewachsenen Kulturräumen üblich ist und eine permanente Dynamik kultureller Entwicklung schafft.

Aber in der „Ruhr-Stadt“ mit ihrer speziellen 150jährigen Geschichte, mit einer Jahrhunderte langen dörflichen Vor-Vergangenheit, mit der unstrukturierten industriellen und sozialen Explosion im 19. und 20. Jahrhundert, fand das kulturelle Leben – von den damaligen „Obrigkeiten“ gewollt – keinen Anschluss an die dramatischen Entwicklungen in Bildung und Kunst im politisch und kulturell unruhigen Deutschland. Die „Ruhr“ war eben die Montan-Region mit ihren „Schlot-Baronen“ wie den Grillos, Krupps und Thyssens und den Millionen von „Malochern“.

Doch es bildeten sich – neben der schmalen bildungsbürgerlichen Oberschicht der Juristen, Ärzte, Pastoren, Lehrer – ganz spezifische Formen einer nachhaltigen „Volkskultur“: erinnert werden die Tauben- und Ziegenzüchter, die Knappen-Vereine, später der Fußball. Aber es entwickelten sich auch Chöre – Bergmanns-Chöre, Kirchen-Chöre, gemischte Chöre, Männer-Gesangvereine, Arbeiter-Chöre: noch heute existieren allein in Bochum 175 Chöre!

Diese so komplexe historische Tradition wird mit dem Hexenflosz zum Kulturhauptstadt-Jahr imaginierend aufgenommen: Der Bochumer Universitätsmusikdirektor Prof. Dr. Hans Jaskulsky ist der Veranstalter und „Produzent“, koordiniert die „Kreativen“, organisiert die anreisenden Chöre, sorgt sich um den Veranstaltungs-Ort – die Christ-König-Kirche in Bochum – und kämpft mit aller kommunikativen Kraft um die erforderlichen finanziellen Mittel zu Zeiten abrupt abbrechender materieller Förderung.

Dorothea Renckhoff erfindet eine nahezu mystische Geschichte des aufkommenden, immer wieder benutzten und ins ungewisse Zukünftige treibende Ruhrgebiets mit seinen leidenden, agierenden und behelligten Menschen.

Peter P. Pachl inszeniert diesen historischen Prozess als Fahrt auf dem ruhr-aufwärts und –abwärts schwimmenden „Flosz“ – bemüht sich um szenisches Handeln im Wechsel mystischer Figuren und kollektiver Reaktion im vorgegebenen Kirchenraum.

Peter Gotthard – vor allem bekannt als Komponist der Musik des Kult-Films Paul und Paula – entwickelt eine Komposition symphonischer und oratorien-orientierter Musik, mit Verweisen auf die Musiken diverser historischer Epochen.

Das epoche-stilisierende, historisierende Projekt wieder-belebt das Genre der „Chor-Oper“ – die seit dem 17. Jahrhundert im Theaterleben quasi ausgestorben ist – und nutzt die Potenzen der „Ruhr-Kultur“.

opernnetz.de informiert weiter über die Entwicklung des wichtig-innovativen Projekts, das neben den „offiziellen“ Vorhaben der Kultur Ruhr zu einem relevanten Beitrag des Kulturhauptstadt-Jahres mit nachhaltiger Wirkung werden kann!

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