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KOMMENTAR

Von
Franz R. Stuke


 
 

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Studierende beobachten Opern-Diskussion

„Veranstaltungs-Management“ ist ein Studiengang der Technischen Fachhochschule Berlin. Die Studierenden laden nach intensiver Vorbereitung fünf ExpertInnen zu einer Podiumsdiskussion zum Thema „Oper“ ein. Ziel ist offensichtlich, sich über ein weitgehend unbekanntes Phänomen kultureller Aktivität kommunikativ zu informieren.

Da treffen zwei Intentionen aufeinander: zum einen der Wunsch nach Information, zum anderen das Artikulationsbedürfnis involvierter Akteure.

Der mehr als zweistündige Meinungsaustausch geht aus unterschiedlichen Perspektiven das Selbstverständnis „der Oper“ an; die intensiv mitgehenden 150 Studierenden fühlen sich kommunikativ zufriedengestellt – und gewinnen offensichtlich Verständnis für die komplexen Zusammenhänge der „Opern-Szene“.

Für die Kommunikation der „Opern-Idee“ ist die studentische Initiative ein bemerkenswertes Exempel. Im Folgenden das Resumee der TFH-Studierenden:

„Opernwelt zwischen Event und Arterhaltung“

lautete die Themenidee unserer Studentengruppe, als es im Herbst 2008 darum ging Themenblöcke für eine Konferenz des Faches „Veranstaltungsmanagement“ an der Technischen Fachhochschule Berlin zu finden. Die damals aktuellen Medienberichte über die finanzielle Misere der Berliner Opernhäuser und die Tatsache, dass wir als junge Leute und angehende Ingenieure der Veranstaltungstechnik sonst kaum Auseinandersetzung mit diesem Thema finden, obwohl es doch möglicher Weise unser späteres Berufsfeld betrifft, weckten unsere Neugier.

Unsere Intentionen waren vor allem herauszufinden, inwiefern sich Oper heutzutage neu orientieren muss um zu überleben und Publikum anzusprechen und ob aus diesen Gründen alles mit der Form „Oper“ erlaubt ist oder ob Tradition, Werktreue und Kulturauftrag dem entgegenstehen.

Darüber diskutierten am Konferenztag, dem 3. Februar 2009 Claudia Blersch, Regisseurin am Opernhaus Zürich, Bettina Auer, Dramaturgin an der Komischen Oper Berlin, Andreas Rochholl, Künstlerischer Leiter der Zeitgenössischen Oper Berlin, Kai Luehrs-Kaiser, Musik- und Theaterkritiker u. a. für den „Spiegel“ und „Die Welt“ und Franz R. Stuke, Opernnetz-Herausgeber und Professor für Mediengeschichte und Kommunikationstheorie.

In der sehr lebendigen zweistündigen Diskussion stellten sich vor allem drei Punkte heraus.

1.) Die Diskussionsteilnehmer drückten große Begeisterung für die Oper aus und sahen auch keine Probleme im kreativen Umgang mit ihr. So betonte insbesondere Bettina Auer, dass meist ein Libretto kaum genug Regieanweisungen gäbe um eine Oper so zu inszenieren wie „es geschrieben steht“, wie manche es des Öfteren fordern. Somit sei kaum offensichtlich, was Werktreue eigentlich bedeutet. Aus den Äußerungen der anderen Diskussionsteilnehmer konnte zudem als Konsens herausgefiltert werden, dass Qualität und Modernität bzw. kreativer Umgang mit einer Oper zwei völlig verschiedene Dinge sind, die sich nicht gegenseitig ausschließen.

2.) Die Diskussionsteilnehmer konnten sich sehr gut in den gängigen Nichtoperngänger und seine Sicht auf Oper hineinversetzen. So nannte Bettina Auer aus ihrer Erfahrung als Leiterin von Opern-Einführungsveranstaltungen als heutige Phänomene, dass einerseits die Menschen nicht mehr in der Tradition von Opernbesuchen mit der Familie aufwachsen und zudem am liebsten eine Gebrauchsanweisung haben wollten, wie sie eine Oper zu verstehen haben. Gerade wir als Wähler eines Ingenieursstudiengangs, die auch überall immer nach dem Hintergrund und dem logischen Zusammenhang fragen, fühlten uns hierbei sehr angesprochen. Die Frage ist nun, ob dieses Phänomen denn zu kritisieren ist oder ob einfach den Menschen aufgrund ihres heutigen Denkverhaltens ein neuer Zugang zu Oper gewährt werden muss.

3.) Zum guten Schluss lässt sich noch der Optimismus der Diskussionsteilnehmer bezüglich der Überlebenschance von Oper hervorheben. Kai Luehrs-Kaiser betonte, dass die Oper nicht sterben werde, dazu sei sie eine zu gute Kunstform, nur bei den Opernhäusern sei er sich nicht sicher. Bettina Auer erwähnte in der Diskussion selbst, irgendwie werden die Berliner Opernhäuser überleben und wenn der Staat nicht mehr zahlt, werden sich andere Möglichkeiten aufzeigen. Da stellt sich nur noch die Frage: Welche? Und wann findet diesbezüglich die nächste Konferenz statt?

Soweit das Resumee.

Spannend sind dabei die Fragen nach der Nachhaltigkeit:

Wird es im Studiengang „Veranstaltungs-Management“ weitere praktische Begegnungen mit der „Situation Oper“ geben?

Werden die kulturpolitischen und ästhetischen Entwicklungen der Oper weiter systematisch verfolgt?

Werden relevante Kategorien entwickelt?

Spielen Elemente der Opern-PR und der Publikumsforschung eine Rolle?

Und – vor allem: Wird es Kooperationen mit den Berliner Opernhäuser geben?

Schließlich: Werden Konzepte zur kommunikativen Vermittlung von Opern-Besuchen erarbeitet?

Auf alle Fälle: Die Studierenden der TFH Berlin haben mit ihrer Initiative eine beispielgebende Diskussion angestoßen!

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