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KOMMENTAR

September 2008


 
 

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Der Banause langt zu

„Struves letzte Show“

Süddeutsche Zeitung, 11. September 2008

... außer man böte eine Opernintendanz an. „Das ist die schönste aller Kunstformen noch vor dem Fernsehen. Da würde ich weich werden“ gab er zu, und so bescheiden wie es nur einer sein kann, der in der ARD schon alles überstanden hat. Struves Demut ging weit. „Es kann auch Detmold sein“, sagte er. In der Opernmetropole Ostwestfalens soll man aufgehorcht haben.

Kay Metzger, der Detmolder Intendant, zittert, verlegt schon mal die neueste Premiere von Detmold nach Herford und erwartet die Angriffe des übergroßen Opern-Gurus mit hochgradiger Nervosität.

Da kommt doch der unverwundbare ARD-Programmdirektor, der in 23 Jahren das öffentlich-rechtliche Rundfunksystem zu einem weltweit bewunderten Kultur-Fernsehen gemacht hat – mit den Kulturträgern Schmidt und Pocher, einem inhaltsschweren Vorabend-Programm, einem klassizistisch-literarischen „Überleitungs“-System, permanentem Bemühen um parfümierte Volksmusik und der tagelangen Präsentation drogen-vollgepumpter Cyklisten.

Dass dieser ARD-Programm-Totengräber es wagt, in der ihm eigenen Selbstherrlichkeit sowohl eine ganze Kultur-Sparte anzugehen als auch einen Anspruch auf ein renommiertes Theater zu usurpieren - das hat schon Ausmaße vom Format eines Christoph Daum, der kokaingefüllt Bundestrainer werden wollte. Kennt dieser Banause denn überhaupt keine Grenzen der vermeintlichen kommunikativen Allgewalt?

Nun sind Theater – zumal die öffentlich institutionalisierten – nicht ganz frei von „Intrigen“ auf allen Ebenen -- aber ein „Netzwerker“ a la Struve: als Opern-Intendant? Davor bewahre uns Fidelio, Sarastro, Radames, Orpheus, Siegfried und Kalaf mit all ihren Kräften!

Aber Struve – „Ich bin ein schleswig-holsteinischer Bauer“ - hat eine geradezu autochthone Alternative: Das Festival von Wacken, wo sich alljährlich leidenschaftliche Heavy-Metal-Fans im Schlamm der holsteinischen Wiesen suhlen, um ihrem Kunst- und Kulturverständnis zu frönen.

Man wartet auf einen wie Struve. Kay Metzger kann ruhig weitermachen, so wie Frau Young in Hamburg, Herr Puhlmann in Stuttgart oder die Wagner-Schwestern in Bayreuth. Ein Großmaul hat mal wieder zu breit gequakt.

PS.: Hans Hoff vermittelt diese Selbst-Decouvrierung eines hypertrophen Kommunikationsniks. Doch aus Münchner Sicht verkennt er – wie üblich die historisch gewachsenen Strukturen in Westfalen; Detmold nach Ostwestfalen zu verlegen ist so, als Regensburg Oberfranken zuzuordnen. Sorry. (frs)