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KOMMENTAR

Von Franz R. Stuke
Oktober 2008



 

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Herr Grünlich

Programmhefte sind entweder puristische Informationsträger mit „Besetzungsliste“ und Inhalt oder sie informieren über die Bedeutung des Stücks und vermitteln – bisweilen ausladend – diverse Texte zur Reflexion über das Werk, den Urheber und die „Rezeptionsgeschichte“, bisweilen finden sich auch informative Proben-Fotos. Auf alle Fälle sind sie Indikatoren für das kommunikative Agieren der Theater.

In Bremen ist das (Stadt-)Theater-Programmheft golden unterlegt, erscheint im repräsentativ-übergroßen Format, benutzt schwergewichtiges Renommierpapier, demonstriert die Möglichkeiten exklusiv wirkenden Mehr-Farben-Drucks, präsentiert Fotos im Modus gestylter Arrangements und wird bestimmt durch ein Logo, das die Bremer Stadtmusikanten reduziert auf vier stilisierte Hühnerköpfe.

Entsprechend der kommunikative Duktus dieses horribel selbstgefälligen Inszenierungs-Instruments: Da wird im Salome-Prospekt – es fällt kein anderer Begriff ein – dem Opern-Besucher von „Ihrem Theater Bremen“ ein Werbe-Text-Schwall entgegengeschleudert: „einzigartig ... überwältigend ... glänzend„ ; aber auch persuasiv vorwegnehmend „eigenständige Personenregie ... gegenwärtige Neuinterpretation ... zupackende Interpretation“. Das ist schon für einen Pressetext schwer erträglich, aber in einem Programmheft schlicht eine kommunikative Unverschämtheit.

Doch wird dieses hypertrophe Selbstverständnis gesteigert, wenn man im Spielzeitheft des Theaters Bremen blättert: Da inszeniert sich der Generalintendant vor dem Bürgermeister und Senats-Präsidenten – Respekt vor demokratischen Institutionen ist offenbar ein Fremdwort, so wie die Achtung der Autonomie des Publikums.

Von hanseatischer Gediegenheit und Dezenz keine Spur. Ausnahmen gab’s immer wieder: Beim Lübischen Hansestädter Thomas Mann war’s Herr Grünlich -- doch das war ein Hamburger!