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KOMMENTAR

Von Franz R. Stuke
August 2009


 
 

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Bräsigkeit versus Intuition

Auf 3Sat wird am 3. August 2009 nächtens österreichisch-kalmierend diskutiert über die Kommerzialisierung der Salzburger Festspiele. Schon gleich zu Anfang wird deutlich: Jürgen Flimm, der agierende Salzburg-Intendant – aber schon geistig in Berlin an der Staatsoper – ist auf Krawall gebürstet. Kaum erblickt er Gustav Kuhn, den Inspirator, Mentor, Dirigent, Regisseur, Ausbilder der so unkonventionell daher kommenden erfolgreichen Tiroler Festspiele in Erl, spiritus rector der New Voices, dem weltweit wichtigsten Gesangs-Wettbewerb – faucht er los: „Ich kenne bessere Dirigenten als Sie!“

Flimm hat desweiteren zur Unverwechselbarkeit von Festivals nichts mehr zu sagen, als dass die Regisseure und Dirigenten in Bayreuth, Aix und Glyndebourne immer dieselben seien; dem Dampfplauderer entgeht, dass er von Gerard Mortier eine RuhrTriennale übernommen hat, die er zu appetitlicher Modernität runterwirtschaftete. Dann lässt er rhetorische Hämmer ab wie „Was das Publikum sehen will, ich weiß es nicht“ und „In die Schlagzeilen kommt, wenn man sich an den Festspielen reibt.“ Fixiert sich auf Kuhn – und gibt auch Mortier noch einen mit, charakterisiert ihn als einen, der jetzt erfolglos in Paris dasselbe macht wie bei der RuhrTriennale.

Zur Problematik des Kommerz’ trägt die alpenländische Präsidentin der Salzburger Festspiele Frau Rabl-Stadler bei, indem sie verkündet „Olle hob I geholten“, meint die Sponsoren – von denen der Nestle-Sprecher vom „Eindampfen der Mittel“ spricht. Und dem miesepetrig-angepassten Piefke vom Dienst verbleibt die substanzlose Beschimpfung der öffentlich-rechtlichen Geldgeber, dabei unterlässt Flimm jegliche Kritik an der „Wirtschaft“ - biedert sich an durch devotes Wohlverhalten. Berlin darf sich auf einen kompromisslos-prinzipienfreien Staatsoper-Intendanten freuen, einen Herold der künstlerischen Beliebigkeit, Hauptsache die neoliberale Ideologie findet ihre willfährigen Diener.

Gustav Kuhns Gedanken zu „existenziellen Überlegungen“ verbleiben in Andeutungen zum ideologie- und interessefreien Mäzenatentum - über die Kommerzialisierung der „großen“ Festivals will man offensichtlich nicht diskutieren. Unbegriffene Kommerz-Anpassung ist die Botschaft - und Flimm ist ihr Prophet.

Ein ganz persönliches Erlebnis: Die Erinnerung an einen Ex-Klassenkameraden, Repräsentant eines japanischen Konzerns, der als incentive Salzburg-Karten hatte und seine Erlebnisse knallhart kommentiert: „Ein ziemlicher Quark, obwohl Spinner von großer Kunst reden, kann ich nicht beurteilen – aber habe wichtige Leute getroffen, großer Erfolg!“

Offenbar Flimms Ideal-Vorstellung - ganz im Gegensatz zu Gustav Kuhns realisierter Konzeption künstlerisch autonomer Intuition!

Medienkritisch muss nachgetragen werden: Großartig wie der ORF in 3Sat „Festival-Politik“ mit Realität und Traum, Kontroversen und Konzeptionen, Kompetenzen und Eitelkeiten so flüchtig wie nachhaltig vermittelte - leider erst um 2.00 Uhr nachts.