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BACKSTAGE

3 FRAGEN-3 ANTWORTEN


Hermine May

Die aus Rumänien stammende Künstlerin hat sich bereits vor Jahren international als Mezzosopran etabliert.


 
 

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Hermine May ist ein theaterweit gefragter Mezzo – begehrt wegen ihrer ungemein ausdrucksvollen Stimme, wegen ihrer Flexibilität, wegen ihrer positiven Resonanz bei unterschiedlichen Zuschauer-Gruppen. Am 5. September 2009 gab sie die Lohengrin-Ortrud in einer musikalisch-sängerisch bemerkenswerten konzertanten Aufführung in einer der „Kathedralen der Industriekultur“ in Hamm (s. opernnetz-Rezeinsion hier), hatte Kommunikationsprobleme hinsichtlich ihrer Auftritte, erschien nicht rechtzeitig im dritten Akt. Seitdem rätselt die Opern-Welt über die Gründe, kolportiert wilde Vermutungen – und straft die Sängerin ab mit Kündigung von Verträgen.

opernnetz: Wie kann es einer so bühnen-erfahrenen Sängerin passieren, einen ja nicht sonderlich überraschenden Auftritt schlicht zu verpassen? Was ist denn da backstage abgelaufen? Und wie haben die übrigen Akteure direkt reagiert?

Hermine May: Bei einer normalen Opernaufführung sorgen Inspizienten über Lautsprecherdurchruf dafür, dass kein Sänger seinen Auftritt verpasst. Zusätzlich wird die Aufführung über Lautsprecheranlage in den Garderoben übertragen. Falls der Sänger zwei Minuten vor seinem Auftritt nicht auf der Seitenbühne fertig zum Auftritt bereit steht, schlägt der Inspizient Alarm.

Bei der Aufführung in Hamm gab es keinen Lautsprecher in den Garderoben und keinen Inspizienten, d. h. jeder Sänger war für sich selber verantwortlich, rechtzeitig von seiner Garderobe, die zwei Stockwerke tiefer unter dem Saal lag, durch ein sehr kaltes Treppenhaus zur Bühne zu gelangen. Aufgrund dieser sehr ungünstigen Auftrittsverhältnissen war einer Kollegin und mir fast schon ein Auftritt entglitten.

Um es dann im letzten Aufzug besonders gut zu machen und den Dirigenten nicht weiter zu verärgern, kontrollierte ich des öfteren den Verlauf der Aufführung immer auf dem Weg von Garderobe zu Bühne, konnte mich aber nicht lange hinter der Bühne aufhalten, da es dort zu kalt und zugig war. Leider habe ich den zeitlichen Musikablauf vor meinem letzten Auftritt falsch eingeschätzt und diesen knapp verpasst. Es tut mir sehr leid, dass das passiert ist, und ich bin froh mich auf diesem Wege bei den Kollegen und dem Publikum entschuldigen zu können.

opernnetz: Wie schätzen Sie die Reaktionen ein? Welche Sanktionen sind für Sie akzeptabel? Wie ordnen Sie mit Ihrer langjährigen Bühnenerfahrung sowohl Ihr eigenes Verhalten als auch das Verhalten der Beteiligten ein (Dirigent, Sänger-Kollegen, Veranstalter, Publikum, Agentur... )?

Hermine May: Es ist nicht an mir, hier die Reaktionen und Sanktionen als akzeptabel oder nicht akzeptabel einzustufen. Ich kann diese nur schildern:

1.: das Festival in Hamm hält es für gerechtfertigt, mir keine Gage für den Auftritt in Hamm zu bezahlen;

2.: der Dirigent Frank Beermann hat mir die Mitwirkung in der Lohengrin-Produktion (zehn Vorstellungen) in Minden und in der Produktion Der Schmied von Gent (sieben Vorstellungen) in Chemnitz aufgekündigt. Damit ist mir die Verdienstgrundlage für die nächsten Monate entzogen worden!

Meinen Sängerkollegen bin ich sehr dankbar, dass sie sich nicht gegen mich gestellt haben, sondern versucht haben, den Dirigenten von seinen Strafmaßnahmen abzuhalten, was ihnen aber leider nicht gelungen ist.

opernnetz: In Besprechungen der Aufführung wird über Ihren faux pas spekuliert. Hat das Auswirkungen auf Ihre weitere Arbeit, auf anstehende Engagements? Und sind Sie in Ihrer künstlerischen Souveränität betroffen?

Hermine May: Ein derartiger Vorfall ist mir in meiner bisherigen Karriere noch nie passiert und wird sich auch nicht wiederholen. Ich fühle mich in keinster Weise in meiner künstlerischen Souveränität betroffen, da ich die Verkettung dieser unglücklichen Umstände klar analysiert habe und genau weiß, wie ich mich in Zukunft vor einer solchen Situation schützen werde. Was ich sehr bedauerlich finde, ist, dass ein menschlicher Fehler so bestraft worden ist!

opernnetz: Frau May, ich denke, dass Ihr „Fall“ und seine Auswirkungen einen Blick in die „Mechanismen des Opernbetriebs“ eröffnet, die dem kundigen Publikum unbekannt sind. Deshalb halte ich Ihre offenen Antworten für außerordentlich informativ.

(Die Fragen stellte opernnetz-Herausgeber Franz R. Stuke)

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