Opernnetz: Die Theater in Thüringen haben offenbar Probleme mit ihren Etats. Wie stellt sich die Finanzierung in Gera-Altenburg dar?
Matthias Oldag: Schwierig. Wir werden aus vier Finanzquellen unterstützt: der Freistaat Thüringen, die Stadt Gera, die Stadt Altenburg und der Landkreis Altenburger Land. Trotz der schwierigen wirtschaftlichen Lage haben sich Gera, Altenburg und der Landkreis Altenburger Land vorgenommen, die Zuschüsse bis zum Jahre 2012 auf gleicher Höhe fortzuführen. Der Freistaat Thüringen hingegen sieht sich dazu außerstande und kürzt seine Zuschüsse jährlich um über 200.000 Euro. Wir werden nun mit dieser Situation versuchen, umzugehen, um Theater&Philharmonie Thüringen trotz dieser Einsparungen zu erhalten sowie seine Qualität und die momentane Zahl der Arbeitsplätze für die Zukunft zu sichern. Die Einsparungsdebatte in Thüringen ist fatal, bringt sie doch letztendlich für die Haushaltskonsolidierung unseres Bundeslandes sehr wenig. Die Theater bringt sie jedoch nach den Sparexzessen der letzten Jahre in eine nahezu ausweglose Lage.
Opernnetz: Gibt es weitere Einsparmöglichkeiten oder können zusätzliche Einnahmen - z.B. durch höhere Eintrittspreise oder neue Sponsoren - erzielt werden?
Oldag: Wir werden nicht umhin kommen, die Eintrittspreise moderat anzuheben, auch wenn das Gradwanderung ist. Die wirtschaftliche Situation dieser Gegend ist nicht gerade blendend und wir müssen schauen, dass unser Angebot nicht Besucher mit schmalen Geldbeutel ausgrenzt. Dennoch peilen wir eine Einnahmensteigerung von etwa zehn Prozent an.
Opernnetz: Welche identitätsstiftende Funktion sehen sie für Ihr Theater in der krisengebeutelten Region - und welche Funktion hat die Theaterkunst überhaupt für das individuelle und gesellschaftliche Selbstverständnis der Menschen in einer offenen Gesellschaft?
Oldag: Das Theater stellt in vielen Städten dieser Region ein nicht zu unterschätzendes Zentrum für Identifikation und Stolz dar. Mehr und mehr Menschen spüren, dass dieses durch die Jahrhunderte gewachsene Gebilde Halt gibt sowie Erbauung, Unterhaltung und Bildung ermöglicht. Wir spüren in unserem Theater sehr deutlich die Dankbarkeit des Publikums für unsere Arbeit und spüren ebenso den Auftrag auch über die Stadtgrenzen hinaus für die Bürger zu strahlen und zu funkeln. Wir arbeiten intensiv mit den uns zur Verfügung stehenden Mitteln daran, den Diskurs innerhalb unserer Gesellschaft über deren Befindlichkeit und Zukunft zu befördern. Ich empfinde das Theater als einen geeigneten Ort mit einem sich immer wieder verändernden Angebot als zentraler Punkt dieses Diskurses zu wirken. Entscheidend ist jedoch, dass die Menschen an diesem Diskurs teilnehmen. Mit anderen Worten Theater ohne Publikum findet nicht statt. In diesem Sinne werden wir durchaus populäres Theater anbieten, ohne dabei den Blick für das Ungewöhnliche, Unbekannte und Neue zu verschließen.