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BACKSTAGE

3 FRAGEN-3 ANTWORTEN


Peter Leonard

Peter Leonard ist Intendant des Volkstheaters Rostock und der Norddeutschen Philharmonie


 
 

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Das Volkstheater Rostock hat mit dem amerikanischen Dirigenten Peter Leonard einen kommunikativ kompetenten Intendanten: Mit Kaija Saariaos L’Amour de Loin und jetzt mit Karan Armstrongs Regie-Debut der Traviata beweist er künstlerischen Mut und steht für innovatives Musiktheater. Die Situation des Volkstheaters Rostock ist jedoch nicht sonderlich glanzvoll: Die Finanzen kriseln, das Land Mecklenburg-Vorpommern und die Stadt Rostock sind klamm und das Rostocker Publikum reagiert eher zögerlich. Wie sieht die Zukunft in Sachen Musiktheater aus?

 

oernnetz: Mit Karan Armstrongs Regie-Debut hat das Volkstheater Rostock einen hoffentlich auch überregional bemerkten Erfolg errungen. Doch generell sind die finanziellen Möglichkeiten des traditionsreichen Volkstheaters begrenzt, der Opern-Spielplan ist auf wenige Produktionen und Aufführungen beschränkt. Wie stellen sich die Finanzen dar – und welche Perspektiven gibt es ?

Peter Leonard: Das stimmt, wie jedes andere Theater streben wir danach Aufmerksamkeit zu erreichen. Dies steht als Priorität aber nicht im Vordergrund. In jedem guten Theaterspielplan ist im Bereich Musiktheater eine große Vielfalt und Bandbreite angesagt. Mit der zweiten Produktion dieser Spielzeit ist es uns gelungen (UA Das Aquarium von Georg Kreisler) einen neuen Akzent zu setzen. Wie in vielen anderen Städten ist auch unsere Finanzierung gefährdet wegen der finanziellen Lage der Rechtsträger. Wir befinden uns gerade in einer Übergangsphase in eine neue Rechtsform als GmbH. Damit verbunden ist eine Zielvereinbarung, womit die Finanzierung des Volkstheaters Rostock über mehrere Jahre (mindestens drei) gesichert werden soll. Die Einspielergebnisse des Volkstheaters Rostock liegen ziemlich weit unter dem Bundesdurchschnitt. Auch hier streben wir eine Verbesserung an, was dann natürlich auch zu mehr Aufführungen und einer sichereren Finanzierung führen wird.

opernnetz: Der Zuspruch des lokalen Publikums scheint eher zurückhaltend. Spektakuläre Ereignisse wie die Saariaho-Oper und Karan Armstrongs Traviata – aber auch ein überzeugendes Ensemble und ein musizierfreudiges Orchester vermögen augenscheinlich nicht, in der Ostsee-Stadt eine Welle der Begeisterung für spannendes Musiktheater spontan auszulösen. Dabei sind die Strukturen der Stadt doch gar nicht so abweisend: lange Theater-Tradition, Universitätsstadt, Touristen-Ziel. Was haben Sie da in Sachen „Kommunikations-Management“ vor?

Peter Leonard: Das Spezielle an dem deutschen Theatersystem ist, dass jedes Theater sein jeweiliges Publikum anzusprechen hat. Seit dem zweiten Weltkrieg kam das Musik- und Tanztheater in Rostock im Vergleich zum Schauspiel und Orchester ziemlich kurz. Das Theatergebäude ist für groß gefächertes Musiktheater sehr problematisch ausgestattet. Ein Neubau ist seit der Zerstörung des alten Theaters im Zweiten Weltkrieg 1942 bisher nicht realisiert worden. Es gibt praktisch mindestens eine Generation in Rostock, die unzureichend mit dem Repertoire des Musiktheaters, besonders der Oper, vertraut ist. So gab es z. B. kaum pädagogische Aktivitäten im Bereich Jugendarbeit im Bereich Musiktheater. Unsere Aufgabe ist es deshalb, ein Publikum aufzubauen und zu pflegen. Hier liegen die Grundsteine für das von Ihnen angedeutete „Kommunikations-Management“. Wohl gemerkt, das Orchester wie auch das Schauspiel haben in Rostock seit Jahren sehr aktiven Kontakt zu Schulen und andere Bildungseinrichtungen. Irgendwie kam das Musiktheater dabei kaum ins Gespräch. Durch eine großzügige Spende der ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius Hamburg, Förderbereich Kunst und Kultur haben wir zusätzliche Mittel bekommen, um diese wichtige Arbeit im Bereich Musiktheater starten zu können. Mit über drei Millionen Besucher pro Jahr in unserer Region bzw. unserem Marktbereich gibt es ein großes Potenzial, Touristen als Besucher zu gewinnen. In diese Richtung haben wir einen erfolgreichen ersten Schritt gemacht mit unserem Sommerfestival 2009. Mit diesem Sommerfestival haben wir mehr als zweimal soviel Karten verkauft als mit den Sommerangeboten des Vorjahres. Unser Sommerfestival stand unter dem Motto BROADWAY. Mit über 60 Vorstellungen über zweieinhalb Monate haben wir alle Sparten des Theaters gleichberechtigt präsentiert. Die Auslastung in den Musiktheaterproduktionen war besonders hoch. Fachlich ist das Motto perfekt, weil alles Mögliche passiert auf dem Broadway! Nicht nur Musical-Theater stehen auf dem Broadway, sondern auch die Metropolitan Oper, Carnegie Hall und viele andere so genannte ‚Musentempel’.

opernnetz: Es gibt in der laufenden Spielzeit nur zwei klassische Opern im Spielplan, aber es gibt zahlreiche Beispiele für andere Formen des Musiktheaters – Tanztheater, Musical, Kinderoper, eher kabarettistische Adaptionen. Liegt die Zukunft der Oper möglicherweise für Ihr Haus in anderen Genres, adressiert an ein opern-resistentes Publikum, orientiert an den Besetzungs-Möglichkeiten des Ensembles, den technischen Gegebenheiten – und nicht zuletzt künstlerischen Konzeptionen? Aber wie steht es dann um die existenziellen Chancen der Sänger, Choristen, Dramaturgen, Musiker? Konkret: Wie sehen Sie das Volkstheater Rostock in fünf Jahren?

Peter Leonard: Das Musiktheater unserer Zeit hat sich in einer enormen Vielfalt entwickelt. Dass wir nicht nur Oper, sondern auch Tanztheater, Kinderoper, kabarettistische Adaptionen und Musical bringen, ist Beweis dafür, dass wir unserem Publikum diese Vielfalt auch anbieten wollen. Für eine Stadt wie Rostock besteht das Problem nicht darin, dass klassische Opern hier nicht ankommen, sondern das Opern hier oft so inszeniert waren, dass sie das Publikum nicht angesprochen haben. Ein Blick in unsere Statistik zeigt, dass wenn ein Werk konsequent und qualitativ hochwertige Leistung bringt, die Besucherzahlen steigen. Eine meiner Kernaufgaben ist deshalb die Qualitätskontrolle. Auch die existenziellen Chancen für unsere Mitglieder sind wesentlich besser, wenn wir Musiktheater in seiner ganzen Vielfalt präsentieren.

In der Zukunft muss das Volkstheater Rostock mehr Einnahmen durch Erhöhung der Besucherzahlen erwirtschaften. Vor allem muss das Volkstheater Rostock in den nächsten fünf Jahren viel mehr ins Zentrum des Bewusstseins der Bürger gerückt werden. Unser Ziel ist es, dass jeder Bürger dieser Region stolz auf sein Volkstheater Rostock ist. Das Theater muss als eine unabdingbare Säule der Kultur, der Gesellschaft und der Wirtschaft von der Region gesehen werden.

(Die Fragen stellte opernnetz-Herausgeber Franz R. Stuke)

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