Kürzungen bedeuten das Ende
Zur Situation des Landestheaters Thüringen nimmt Dr. Michael W. Schlicht Stellung im Backstage-Gespräch.
Opernnetz: Das Landestheater Eisenach ist ein Theater in der dichten Theaterlandschaft Thüringen. Was sind die Spezifika des Theaters – und wie profiliert sich insbesondere das Musiktheater?
Michael W. Schlicht: Das Landestheater Eisenach ist eines der kleinsten und zugleich effektivsten Musiktheater nicht nur Thüringens, sondern überhaupt. Seit 2003 ohne eigenen Chor hat es sich zunehmend einem innovativen Umgang mit klassischen, teilweise bekannten, teilweise weniger bekannten Opern und auch Operetten verschrieben. Begleitet von aufgrund des tanz-, gesangs- und spielfreudigen Ballettensembles besonders erfolgreichen Musicalproduktionen, hat das Publikum gelernt, neue Interpretationsansätze („Land des Lächelns“ als Kammerspiel, „Luisa Miller“ mit Schauspielszenen, „La Bohème“ mit Filmsequenzen…) zu goutieren. Die Kritik hat das regional und überregional gelobt (zweimal Nennung in der Deutschen Bühne als interessantestes Musiktheater außerhalb der Metropolen!).
Opernnetz: Welche Auswirkungen haben die geplanten finanziellen Mittel-Kürzungen auf die künstlerischen Möglichkeiten des Hauses - und was bedeutet das für die kulturellen Ansprüche der Menschen in der Region?
Schlicht: Die „geplanten finanziellen Mittelkürzungen“ bedeuten das Ende des Musiktheaterstandortes Eisenach. Es soll nur noch Tanztheater und Junges Theater produziert werden, flankiert von der schwer definierbaren Arbeit eines Kammerorchesters. Ohne eigenes Sängerensemble wird das Geld allenfalls für sporadische Eigenproduktionen von dem einen oder anderen Musical bzw. der einen oder anderen kleinen Oper reichen.
Opernnetz: Eine Integration in die Kulturstiftung Meiningen steht zur Debatte: Wäre das nicht eine Möglichkeit zur Lösung ökonomischer Fragen unter Wahrung der kulturellen Identität der „Wartburg-Region“?
Schlicht: Die Integration in die Kulturstiftung Meiningen ist lediglich von politischer, allenfalls noch von rechtlicher Bedeutung. Die Zuschüsse werden weiterhin zu 50 % vom Land Thüringen und zu 50 % von der Stadt Eisenach und dem umgebenden Landkreis gezahlt. (Nur eben ab 2009 4,9 Mio. statt bisher 8,5 Mio. €!) Der Einfluss der Stadt Eisenach auf ihr Theater wird drastisch sinken: z. Zt. ist sie Hauptgesellschafter der gemeinnützigen Landestheater Eisenach GmbH, künftig hat sie einen Sitz und eine Stimme im Stiftungsrat. Selbst wenn vieles dort einstimmig entschieden werden muss, können vom Mehrheitsinhaber im Fall existenzbedrohender Fragen (z.B. bei vorhersehbaren Finanzierungslücken) sogenannte „hoheitliche“ Entscheidungen getroffen werden, die nicht an die Einstimmigkeit gebunden sind.
|