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KOMMENTAR

DIE ENTDECKTE KULTURINSEL: MALTA

von Franz R. Stuke


Lesen Sie hierzu bitte auch die Aufführungsberichte aus Valletta:

Don Giovanni

Lucia di Lammermoor




 
 

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Opera Festival in Vallettas Teatru Manoel: Seit fünf Jahren wird Europas ältestes Theater (1731) zum Event für Opernfreunde vor allem aus Deutschland, Osterreich, der Schweiz und Groß-Britannien.

In diesem Jahr stehen Donizettis "Lucia di Lammermoor" und Mozarts "Don Giovanni" auf dem Programm. Die "Lucia" ist eine konventionell-historisierende Arbeit der Nationaloper Sofia in der Regie von Plamen Kartaloff - die Lucia durchaus innovativ als widerständige Frau präsentierend, die in ihrer unbegriffenen Wohlstandssituation allein den Ausweg in Mord und Wahnsinn sieht. Mariana Panova beeindruckt als stimmkompetente Lucia, ein Star im traditionsreichen Teatru Manoel.

Aber die eigentliche Sensation ist Juan Gambina: ein junger Tenor (24 Jahre alt) mit einem timbre wie der junge Pavarotti, voller Kraft in den dramatischen Passagen, lyrisch in den Emotionen. Gambina ist gebürtiger Malteser, steht hier unter Vertrag und soll behutsam an eine Weltkarriere herangeführt werden. Miriam Gauci wird offensichtlich als maltesische Sängerin auf den Weltbühnen ein Pendant finden!

Mozarts "Giovanni" wird vom operalaboratori in Palermo repräsentiert: ein junges Ensemble voll vibrierender Power folgt der intelligenten Regie-Konzeption Mauro Avogadros mit Leidenschaft und Kompetenz.

Lydia Caruana ist als brillierende Elvira der Gesangsstar, Ugo Guagliardo ein Giovanni im Marcello Mastroianni-Look - ein faszinierender Abend!

In beiden Produktionen erfüllt das Orchestra Nazzjonali seine Aufgaben perfekt: Michael Laus - der Ehemann Miriam Gaucis - hat das maltesische Orchester zu internationalem Standard geführt; eine bewundernswerte Leistung.

Dagegen geriet das Opern-Konzert von Solisten des Mariinsky Theaters Petersburgs zur Enttäuschung: Irina Dioeva beeindruckte als flexibler Sopran, Vladimir Samsonov entpuppte sich als "Stimmungskanone" à la Rebroff und Mikhael Aptekman begleitete routiniert-interpretationsfrei am Kurzflügel. Das alles in einem Kraut und Rüben-Wunschkonzertprogramm von Leoncavallo über Verdi und Donizetti bis zu Mozart, Rossini und Johann Strauß - ein Konzept war nicht erkennbar; im akustisch und optisch ungünstigen Sala Izonard - dem Teatru Manoel angegliedert - fehlt trotz historischer Anmutung die Qualität eines angemessenen Konzertsaals.

Ganz anders die Bedenken gegenüber dem Recital der brillanten Solisten des operalaboratori Palermo in der St. Pauls Cathedral: das Programm der herrlich-zukunftsversprechenden jungen Sänger focussierte auf Rossini; im zweiten Teil auf den "Barbiere" - doch auch hier verstörte die Akustik, die den rasanten tempi der Rossini-Kompositionen mit ihrem Hall nicht angemessen ist. Hier sollten die mutig-kompetenten Organisatoren des Malta Opera Festivals angemessene Lösungen finden. Und das sollte im theatral vielfältigen Valletta kein Problem sein, wenn Programmwahl und Veranstaltungsort zueinander passen.

Hochkompetente Gruppen zelebrieren auf Malta Theater nicht nur in der Tradition semiprofessionellen britischen Erbes; mehr als 15 Gruppen realisieren modernes Theater auf höchstem Niveau.

In der Old University, dem MITP-Theater, präsentiert die Gruppe "theatreworx" Patrick Marbers "Closer", eine typisch englische Sex-Comedy mit der analysierenden hysterischen Nutzung von naughty words als Dekrouvierung sexueller Verklemmtheit. Die maltesischen Schauspieler beweisen mit kalkulierter Spielfreude viel Sinn für hintergründigen Humor, haben mit Abigail Mallia gar einen Star auf der Bühne - und vor allem vollbesetztes Haus mit einem intensiv mitgehenden Publikum.

In St. James Cavalier, ein zum Creative Centre phantastisch-imaginativ restauriertes Fort in Valletta, wird im arenaähnlichen Auditorium von der Gruppe Masquerade Ayckbournes "A Chorus of Disapproval" gegeben - die geniale Parodie einer scheiternden Theatergruppe aus Grays "Beggar's Opera". Ein wunderbarer Abend im unkonventionellen Szenario mit ungemein einfallsreicher Regie im variablen Ambiente mit herrlich aktionssicheren Akteuren.

Dieser Besuch macht deutlich: Auf Malta - speziell im historisch-dichten Valletta - gibt es nicht nur die touristisch forcierte Kultur der Megalith-Tempel, des Urchristentums, der Phönizier, der Ritter, der Franzosen und Briten; es gibt vielmehr eine hochattraktive "Theater- und Musikkultur", die einen Besuch der Insel dringend nahe legt!

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