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Opera Festival
in Vallettas Teatru Manoel: Seit fünf Jahren wird Europas
ältestes Theater (1731) zum Event für Opernfreunde vor allem
aus Deutschland, Osterreich, der Schweiz und Groß-Britannien.
In diesem Jahr stehen Donizettis "Lucia di Lammermoor" und
Mozarts "Don Giovanni" auf dem Programm. Die "Lucia" ist eine
konventionell-historisierende Arbeit der Nationaloper Sofia
in der Regie von Plamen Kartaloff - die Lucia durchaus innovativ
als widerständige Frau präsentierend, die in ihrer unbegriffenen
Wohlstandssituation allein den Ausweg in Mord und Wahnsinn
sieht. Mariana Panova beeindruckt als stimmkompetente Lucia,
ein Star im traditionsreichen Teatru Manoel.
Aber die eigentliche Sensation ist Juan Gambina: ein junger
Tenor (24 Jahre alt) mit einem timbre wie der junge Pavarotti,
voller Kraft in den dramatischen Passagen, lyrisch in den
Emotionen. Gambina ist gebürtiger Malteser, steht hier unter
Vertrag und soll behutsam an eine Weltkarriere herangeführt
werden. Miriam Gauci wird offensichtlich als maltesische Sängerin
auf den Weltbühnen ein Pendant finden!
Mozarts "Giovanni" wird vom operalaboratori in Palermo repräsentiert:
ein junges Ensemble voll vibrierender Power folgt der intelligenten
Regie-Konzeption Mauro Avogadros mit Leidenschaft und Kompetenz.
Lydia Caruana ist als brillierende Elvira der Gesangsstar,
Ugo Guagliardo ein Giovanni im Marcello Mastroianni-Look -
ein faszinierender Abend!
In beiden Produktionen erfüllt das Orchestra Nazzjonali seine
Aufgaben perfekt: Michael Laus - der Ehemann Miriam Gaucis
- hat das maltesische Orchester zu internationalem Standard
geführt; eine bewundernswerte Leistung.
Dagegen geriet das Opern-Konzert von Solisten des Mariinsky
Theaters Petersburgs zur Enttäuschung: Irina Dioeva beeindruckte
als flexibler Sopran, Vladimir Samsonov entpuppte sich als
"Stimmungskanone" à la Rebroff und Mikhael Aptekman begleitete
routiniert-interpretationsfrei am Kurzflügel. Das alles in
einem Kraut und Rüben-Wunschkonzertprogramm von Leoncavallo
über Verdi und Donizetti bis zu Mozart, Rossini und Johann
Strauß - ein Konzept war nicht erkennbar; im akustisch und
optisch ungünstigen Sala Izonard - dem Teatru Manoel angegliedert
- fehlt trotz historischer Anmutung die Qualität eines angemessenen
Konzertsaals.
Ganz anders die Bedenken gegenüber dem Recital der brillanten
Solisten des operalaboratori Palermo in der St. Pauls Cathedral:
das Programm der herrlich-zukunftsversprechenden jungen Sänger
focussierte auf Rossini; im zweiten Teil auf den "Barbiere"
- doch auch hier verstörte die Akustik, die den rasanten tempi
der Rossini-Kompositionen mit ihrem Hall nicht angemessen
ist. Hier sollten die mutig-kompetenten Organisatoren des
Malta Opera Festivals angemessene Lösungen finden. Und das
sollte im theatral vielfältigen Valletta kein Problem sein,
wenn Programmwahl und Veranstaltungsort zueinander passen.
Hochkompetente Gruppen zelebrieren auf Malta Theater nicht
nur in der Tradition semiprofessionellen britischen Erbes;
mehr als 15 Gruppen realisieren modernes Theater auf höchstem
Niveau.
In der Old University, dem MITP-Theater, präsentiert die Gruppe
"theatreworx" Patrick Marbers "Closer", eine typisch englische
Sex-Comedy mit der analysierenden hysterischen Nutzung von
naughty words als Dekrouvierung sexueller Verklemmtheit. Die
maltesischen Schauspieler beweisen mit kalkulierter Spielfreude
viel Sinn für hintergründigen Humor, haben mit Abigail Mallia
gar einen Star auf der Bühne - und vor allem vollbesetztes
Haus mit einem intensiv mitgehenden Publikum.
In St. James Cavalier, ein zum Creative Centre phantastisch-imaginativ
restauriertes Fort in Valletta, wird im arenaähnlichen Auditorium
von der Gruppe Masquerade Ayckbournes "A Chorus of Disapproval"
gegeben - die geniale Parodie einer scheiternden Theatergruppe
aus Grays "Beggar's Opera". Ein wunderbarer Abend im unkonventionellen
Szenario mit ungemein einfallsreicher Regie im variablen Ambiente
mit herrlich aktionssicheren Akteuren.
Dieser Besuch macht deutlich: Auf Malta - speziell im historisch-dichten
Valletta - gibt es nicht nur die touristisch forcierte Kultur
der Megalith-Tempel, des Urchristentums, der Phönizier, der
Ritter, der Franzosen und Briten; es gibt vielmehr eine hochattraktive
"Theater- und Musikkultur", die einen Besuch der Insel dringend
nahe legt!
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