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Fakten zur Aufführung 

SALOME
(Richard Strauss)
19. April 2015
(Premiere am 17. April 2015)

Wuppertaler Bühnen, Opernhaus


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Salome verliert den Kopf

Die neue Salome der Wuppertaler Oper bietet zwar keine Sensationen, bringt aber angesichts der soliden Inszenierung und der hohen musikalischen Qualität ein wenig Ruhe in die verfahrene Situation des Hauses. Zugleich ergeben sich aufschlussreiche Möglichkeiten, die Kandidaten für den im nächsten Jahr vakanten Posten des Generalmusikdirektors zu testen. Johannes Pell, Jahrgang 1982, Erster Kapellmeister in Bonn, der die erste Reprise dirigiert, kann eine Menge an Erfahrung einbringen und spart damit auch nicht bei der Salome. Er bringt das Wuppertaler Orchester zum Glühen, kitzelt die sinnlichen Fassetten aus der Partitur und schlägt überaus zügige Tempi an, nimmt aber nicht immer genügend Rücksicht auf die Sänger.

Das bringt die vorzügliche Cristina Baggio in der Titelrolle mehr als einmal in Bedrängnis. So verführerisch die Italienerin die Partie darstellerisch und gesanglich bewältigt und so erfolgreich sie die Salome bereits in Italien und Rio de Janeiro verkörperte, so sehr werden die Grenzen ihrer immer noch schönen, lyrisch geprägten Stimme berührt. An ihrer Salome ist vokal nichts auszusetzen. Aber sie sollte dramatische Partien dieses Kalibers sehr vorsichtig dosieren.

Das Umfeld steht ihr in nichts nach. Michael Hendrick präsentiert einen stimmgewaltigen, profiliert charakterisierenden und feist dekadenten Herodes, Thomas Gazheli singt den Jochanaan druckvoll, aber nie brüllend und neutralisiert damit seine raue Leistung als Amfortas. Dubravka Mušović bekommt in der Inszenierung wenig Gelegenheit, die Rolle der Herodias ohne keifende Zwischentöne rund auszusingen. Hörenswert der erfreulich kultivierte Narraboth von Emilio Pons.

Musikalisch bewegt sich die Produktion durchaus auf der Höhe der hoch gelobten Bonner Neuinszenierung. Szenisch beschreitet Regisseur und Ausstatter Michiel Dijkema freilich konventionellere Pfade. Mit Ausnahme des Bühnenbilds und des Schlusses, als der Henker die stehende Prinzessin auf offener Bühne enthauptet. Durchaus gruselig, nimmt man doch erst danach wahr, dass es sich um eine täuschend echte Wachskopie der Sängerin handelt. Kompliment für die Werkstätten.

Das Bühnenbild beherrscht eine blaue Rückwand, in die eine Höhle, einem Magenausgang ähnlich, in den Kerker Jochanaans führt. Dass es Jochanaan schwer fällt, den Verführungskünsten der schönen Prinzessin standzuhalten, gehört zu den wenigen Besonderheiten der Inszenierung. Ansonsten hält sich Dijkema an gewohnte und bewährte Rollenprofile: Salome präsentiert sich als zickiger Teenager und geizt beim etwas hilflos choreografierten Tanz der sieben Schleier nicht mit ihren Reizen, Herodes taumelt als geifernder Lustgreis über die Bühne und Herodias spielt die abgetakelte Nervensäge. Die Juden sehen wie orthodoxe Juden aus dem Bilderbuch aus, und auch die Nazarener, der Cappadocier und die Soldaten zeigen sich in historisch korrekten Gewändern.

Nach einer umstrittenen Tosca und einem desolaten Parsifal kann Wuppertal mit dieser ordentlich gearbeiteten Salome punkten. Obwohl die Premiere nicht ausverkauft war, weist das Opernhaus in der ersten Reprise kaum Lücken in den Zuschauerreihen auf. Das Publikum scheint seiner Oper trotz aller Turbulenzen die Treue zu halten. Begeisterter, lang anhaltender Beifall für alle Beteiligten.

Pedro Obiera

 

Fotos: Uwe Stratmann