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Fakten zur Aufführung 

PARSIFAL
(Richard Wagner)
29. März 2013
(Premiere am 8. April 2006)

Oper Leipzig

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Zum Raum wird hier die Zeit

Es ist Winter in Leipzig. Neuschnee, vom Frühling weit und breit keine Spur. Und es ist Karfreitag. Da bedarf es schon einer besonderen Aufführung, um sich auf den Zauber dieses Tages einzulassen. Und vor allem, wie ist die Aufführung des Parsifal im direkten Vergleich zur Aufführung im letzten Jahr?

Roland Aeschlimann lässt mit seiner Sichtweise des Bühnenweihfestspiels die Kälte draußen für über fünf Stunden vergessen. Die Inszenierung mit ihrer unmittelbaren Frage nach der Erlösung hat nichts von ihrer Aktualität und ihrer Wirkung eingebüßt, und Bühnenbild, Choreographie und Lichtdesign beeindrucken genauso wie vor einem Jahr.

Musikalisch und sängerisch ist jedoch eine deutliche Steigerung im Vergleich zum Vorjahr zu verzeichnen, und so ist es ein großer Karfreitagsabend in der Oper Leipzig. Der Heldentenor Stefan Vinke ist in den zurückliegenden Jahren in Leipzig eine feste Größe für eindrucksvolle Wagner-Aufführungen geworden. Insbesondere die Partie des Parsifal hat er immer weiter verfeinert und verinnerlicht. Ihm gelingt erneut vor allem in den dramatischen Ausbrüchen eine hochemotionale Darstellung. Sein strahlkräftiger Tenor meistert die Höhen ohne Probleme, sein Amfortas, die Wunde... geht wiederum durch Mark und Bein. Auch an den lyrischen Stellen, die er wunderbar ansetzt, klingt seine Stimme angenehm unangestrengt. Das war vor einem Jahr nicht so. Seine Verwandlung vom tumben Toren zum Erlöser für den Erlöser meistert er auch mit großem Ausdruck und leidenschaftlichem Spiel.

Abstriche gibt es bei Barbara Schneider-Hofstetter. Die dramatische Sopranistin gibt die Kundry zwar mit dunkel gefärbtem Timbre, doch ihre Höhen sind zu scharf und zu dramatisch, ihr Sopran geht zu stark ins hochdramatische, was dieser Partie stimmlich nicht gerecht wird. So fehlt ihr der warme, verführerische Ausdruck, den die Kundry vor allem im zweiten Aufzug ausmacht. Da erscheint im direkten Vergleich die Besetzung mit Lioba Braun vor einem Jahr der bessere Griff gewesen zu sein.

Tuomas Pursio begeistert dafür erneut als Amfortas. Mit seinem klaren Bass-Bariton interpretiert er wiederum die tiefe Leidensfähigkeit und peinigende Qual dieser Rolle. Auch er hat sich eindeutig in dieser Rolle weiterentwickelt. Seine Erbarmen-Rufe sind erschütternd und bewegend.

Jan Hendrik Rootering als Gurnemanz ist ein Altmeister seines Fachs. Seine große Erzählung im ersten Aufzug singt er mit balsamischem Bass, und er nutzt seine große Erfahrung in dieser Rolle, um mit Phrasierungen und Bögen Farben und Nuancen in diese Partie zu legen. Und so wird es trotz der statischen Länge nie langweilig, Gurnemanz zuzuhören. Seine Krönung Parsifals gelingt ihm mit großem Pathos. Für die Aufführung ist die Besetzung des Gurnemanz ein großer Gewinn.

Jürgen Kurth als Klingsor ist ein Garant für diese Aufführung. Seine große Erfahrung und sein Ausdruck im Spiel lassen ihn diese Partie immer noch bewegend interpretieren. Auch seine Darstellung hat im Vergleich zum Vorjahr an Intensität und Ausdruck deutlich gewonnen.

Milcho Borovinov singt den Titurel mit angenehmem schwarzen Bass, und das Altsolo von Kathrin Göring aus der Höhe ist ein perfekter musikalischer Abschluss des ersten Aufzuges. Gralsritter, Knappen und Blumenmädchen fügen sich stimmlich ohne Abstriche in das Gesamtensemble ein.

Der von Alessandro Zuppardo einstudierte Chor wird in seiner Intensität immer besser. Das gilt besonders für die Liebesmahlszene im ersten Aufzug sowie die Schlussszene im dritten Aufzug, die mit großer Intensität und sakralem Gesang gestaltet werden. Harmonisch fügt sich der von Sophie Bauer betreute Kinderchor in den Stimmreigen ein.

Den größten Sprung nach vorne hat im Vergleich zum Vorjahr Ulf Schirmer gemacht. War auch im letzten Jahr sein Parsifal geprägt von intensivem Spiel, so haben seine Phrasierungen und seine Bögen an Akzentuierung gewonnen. Der Dirigent arbeitet Farben und Nuancen aus der Partitur heraus, die im vergangenen Jahr in dieser Intensität nicht zu hören waren. Auch ist die Differenzierung der Lautstärke des Orchesters deutlich besser geworden, und die Betonung liegt verstärkt auf den symphonischen Elementen der Partitur. Das Gewandhausorchester folgt Schirmers Schlag präzise. Erneut haben sich die Bläser an diesem Abend für ihre Darbietung ein Sonderlob verdient.

Am Schluss reagiert das Publikum mit großer Begeisterung. Insbesondere Stefan Vinke und Ulf Schirmer sowie Chor und Orchester der Oper Leipzig werden zu Recht bejubelt. Im Jubiläumsjahr 2013 ist diese Aufführung des Parsifal an einem winterlichen Karfreitag ein bemerkenswertes Erlebnis gewesen. Im Vergleich zum Karfreitag des letzten Jahres hat diese Aufführung musikalisch und sängerisch fast ausnahmslos gewonnen.

Andreas H. Hölscher

 





Fotos: Andreas Birkigt