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Fakten zur Aufführung 

IL BARBIERE DI SIVIGLIA
(Gioacchino Rossini)
7. April 2012
(Premiere am 14. Januar 2012)

Oper Leipzig


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Wie leicht es manchmal geht

Claus Guth hat vor vielen Jahren einen Blick in den Mikrokosmos der Insekten gewagt, als er eine Inszenierung unternahm, die inzwischen so was wie Geschichte schreibt. Angefangen in Basel, ging es weiter zum Gärtnerplatz in München, zuletzt nach Düsseldorf und inzwischen hat auch Leipzig sich der Insektenfalle des Barbiers von Sevilla angenommen.

Wir kennen das mittlerweile: Die Drehbühne, auf der sich die Blüte dreht und Insekten verschiedener Art tummeln, später die Mauer  und im dritten Bild die Auflösungserscheinungen der beiden vorangegangenen Bilder. Das hat Christian Schmidt ebenso in die Hand genommen wie die Entwicklung der Kostüme, die aus der reinen Insektenwelt in die „Wirklichkeitsebene“ opernhafter Kostüme wechselt, ehe gegen Ende die Insekten ihre Flügel (Gehäuse und so weiter) ablegen, um zu Menschen zu werden.

Was sich auf den ersten Blick unterscheidet, ist die Besetzung. Erst auf den zweiten Blick sind es auch, wie so oft,  die Kleinigkeiten – und das Publikum. Da wird in Leipzig mit Leichtigkeit das Spinnennetz als Vorhang eingeführt und überbrückt späterhin das, was in anderen Häusern als schwerfällige Umbaupause daherkommt. Das Ensemble gibt sich lustvoll spielfreudig, beinahe schon ausgelassen, aber nicht albern.

Jean Broekhuizen stellt ihre Stimme in den Dienst von Rosina und begeistert mit spritzigen Koloraturen und einem ausgereiftem, in allen Lagen runden Mezzosopran. Jennifer Porto ist ihr ebenbürtig, wenn auch in der kleineren Rolle der Berta. Almaviva wird vortrefflich von Timothy Fullon interpretiert. In den Rezitativen mangelt es ein wenig an Volumen, aber er bleibt verständlich. Morgan Smith zeichnet sich bei einwandfreier Stimme weniger durch Bühnenpräsenz aus. Damit tritt er sozusagen unfreiwillig ins Glied zurück, was die Aufführung insgesamt geschmeidiger macht. Martin Winkler, Milcho Borovinov und Andreas David als Bartolo, Basilio beziehungsweise Fiorillo erledigen ihre Aufgaben zur vollsten Zufriedenheit.

Der Chor in der Einstudierung von Alessandro Zuppardo gefällt in den Feinheiten der insektuösen Bewegungsvielfalt und seiner stimmlichen Präsenz.

Nach einer herrlich prickelnd gespielten Ouvertüre führt William Lacey Gewandhausorchester und Sängerdarsteller mit abgezirkelten Kommandos sicher und resolut durch die Rossinische Leichtigkeit. Bo Price unterstützt effektvoll die  Stimmung am Hammerklavier.

Das Publikum begleitet die Aufführung mit Arien- und Szenenapplaus, lacht an den richtigen Stellen und zeigt sich herrlich entspannt. Ein besonderer Dank gilt der kleinen Paula, die voller Begeisterung mit dirigiert, kleinere Passagen schon mal mitsingt und gleich maman befragt, wenn ihr etwas unverständlich erscheint. Zum Schluss hält es sie nicht mehr auf dem mitgebrachten Kindersitz. Sie muss zum Graben, um allen, die sie so entzückt haben, aus der Nähe zu applaudieren. Ein kleiner Stern, der an diesem Abend zusätzlich aufleuchtet, um eine gelungene Aufführung abzurunden.

Michael S. Zerban







Fotos: Andreas Birkigt