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Fakten zur Aufführung 

IL TROVATORE
(Giuseppe Verdi)
8. August 2015
(Premiere am 9. August 2014)

Salzburger Festspiele,
Großes Festspielhaus


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Wenn es wieder Nacht wird im Museum

Dieses Jahr ist bei den Salzburger Festspielen nach der überschwänglichen Ära Alexander Pereira auch aus finanziellen Konsolidierungsgründen eine Saison der Wiederaufnahmen und konzertanten Opernaufführungen angesagt. Neben nur drei Opernneuproduktionen werden allein vier Musikdramen der letzte Jahre wiederaufgenommen und drei weitere neu gespielte Opern gar nur in konzertanter Form gezeigt.

Obwohl Giuseppe Verdis Il trovatore im Großen Festspielhaus schon 2014 aufgeführt wurde und damals szenisch kein großer Wurf geworden ist, wurde die Reißer-Oper wieder auf den Programmzettel gesetzt. In erster Linie deshalb, weil es wieder gelungen ist, Anna Netrebko für die Partie der Leonore zu gewinnen, ein Garant für ausverkaufte Säle.

Wie schon im Vorjahr lässt Alvis Hermanis den an sich schon sehr krausen und schwer nachvollziehbaren Plot wieder im Museum spielen, genau genommen in einer Gemäldegalerie. Und wieder rotieren die alten, teils protzigen Bilder von Meistern wie Jean Fouquet oder Rubens bis zu Giovanni des Busi Carianis Lautenspieler, ein Bild dassals Trovatore-Symbol verwendet wird. Obwohl diese Gemälde selbst an sich sehr ästhetisch sind und überwiegend in Rottönen ausgesucht wurden, passend zum übrigen Ambiente und zu den historischen Gewändern der Protagonisten, fahren sie beinahe ständig völlig sinnlos seitlich hin und her oder vor und zurück und sind meist die einzige Bewegung auf der riesigen Bühne des Großen Festspielhauses. Sie sollen wohl vom ansonsten faden Steh- und Schreittheater ablenken, denn zur eigentlichen Personenführung ist dem Regisseur nicht viel eingefallen.

Diese Konzeption von Hermanis, die irgendwie an den Film Eine Nacht im Museum erinnert, wo Figuren und Bilder nächtens lebendig werden,trägt jedenfalls nicht zur Erhellung der wüsten Geschichte bei, sondern fördert sogar noch die Verwirrtheit. Denn der Sinn derselben ist für den Betrachter nicht erschließbar. Ebensowenig ist nachvollziehbar, warum sich die Protagonisten von Aufsehern und Museumsführern in blauen Uniformen immer wieder in historische Figuren mit prachtvollen, roten Brokatroben von Eva Dessecker verwandeln und retour. Die Verschränkung der Zeiten funktioniert einfach nicht. Dazwischen erscheinen immer wieder geführte Touristengruppen, teils mit Audio-Guides, in Straßenkleidung.

Anna Netrebko ist trotz des abermals überzogenen Hypes um ihre Person wieder diejenige, die den Abend am meisten veredelt. Sie ist auf dem Höhepunkt ihrer Stimm- und Gestaltungskunst. Ihre Leonora begeistert wegen ihres herrlichen, dunklen, samtigen Timbres, wegen ihrer mühelosen Spitzentöne, ihrer Bühnensouveränität und ihres stärker gewordenen dramatischen Potenzials, aber auch  ihrer immer noch vorhandenen agilen Leichtigkeit, um ihre Koloraturen und Triller funkeln zu lassen. Alle Töne sitzen zudem lupenrein. Wie im Vorjahr steht ihr Francesco Meli als Manrico zur Seite. Er verfügt über ein weiches Timbre. Er stößt jedoch fallweise, wie bei der Stretta, immer wieder an seine stimmlichen Grenzen. Plácido Domingo, der im letzten Jahr bei den Salzburger Festspielen an der Seite von Netrebko zumindest einige Abende den Luna gab, hat die Partie, obwohl im Prospekt noch angekündigt, nunmehr klugerweise endgültig zurückgelegt und abgesagt. Statt ihm singt heuer der letztjährige Einspringer Artur Rucinski. Er schlägt sich in der Partie wacker mit schönem, baritonalem Material, das jedoch in der Höhe etwas eng wird. Neu in diesem Jahr ist Ekaterina Semenchuk als Azucena. Sie beeindruckt mit enormer, ja geradezu furchterregender Bühnenpräsenz sowie kraftvollen und intensiven Tönen. Die kleineren Partien sind mit Adrian Sampetrean als Ferrando und Diana Haller als Ines sehr gut besetzt. Untadelig wieder einmal der Wiener Staatsopernchor, der von Ernst Raffelsberger sauber und homogen singend einstudiert wurde.

Der extrem zupackende, aber auch loslassen könnende Gianandrea Naseda am Pult der Wiener Philharmoniker wählt straffe Tempi, schafft feine Lyrik, aber auch enorme packende und mitreißende Momente, ohne dabei zu knallig zu werden.

Das restlos begeisterte Publikum bejubelt Sänger, Dirigenten und Orchester.

Helmut Christian Mayer

 

Fotos: Foto Forster