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Fakten zur Aufführung 

LA CLEMENZA DI TITO
(Wolfgang Amadeus Mozart)
9. Mai 2015
(Premiere)

Oper Köln, Oberlandesgericht


Points of Honor                      

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Gesang

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Wenn Stimmen zum Himmel steigen

Als sich die Kölner Oper 2011 wegen der Renovierungsarbeiten nach Ersatzspielstätten umsah, verlegte der damalige Intendant Uwe Eric Laufenberg Mozarts Opera seria La Clemenza di Tito in das Oberlandesgericht Köln. Ein interessanter Gedanke: Denn die Milde des römischen Kaisers Tito macht in dieser Oper eine Rechtsprechung im eigentlichen Sinn unmöglich.

Apropos unmöglich: Das Gebäude am Reichenspergerplatz hat einen wunderschönen Treppenaufgang unter einer beeindruckenden Kuppel, aber er ist trotz der Modifikationen durch Bühnenbildner Tobias Hoheisel kein Theater. Wer die Regie von Laufenberg erleben möchte, sollte sich die raren Plätze unten in der Mitte oder in der ersten Reihe der Galerie sichern. Ansonsten sind die optischen Eindrücke der dreidimensionalen Inszenierung nur eingeschränkt wahrnehmbar. Auf so genannten Hörplätzen geht die Sicht auch gegen null. Wie man als Rezensentin den Lesern die Aufführung beschreiben soll, bleibt ein Rätsel. Man ist schon darauf angewiesen, dass die Sänger ab und an direkt auf der herabführenden Marmortreppe singen, um etwas von Mimik und Darstellung zu erleben. Das ist auch die einzige Gelegenheit, die Kostüme von Antje Sternberg anzuschauen. Ansonsten kann man die Gesichter des Publikums studieren oder einen zentralen Ausschnitt der Spielfläche über einen Monitor anschauen. So bekommt man immerhin mit, dass etwas gespielt wird, auch wenn fast nicht erkennbar ist, wer da gerade agiert. Auch herabgeworfene Dokumente geben Zeugnis von Bühnenaktionen. Einzige Begleiter über die fast dreistündige Aufführung ist die stimmungsvolle Beleuchtung durch Nicol Hungsberg und das abgedruckte Libretto im Programmheft, das die Übertitel ersetzen soll.

Aus musikalischer Sicht ist das Oberlandesgericht ebenfalls ein schwieriger Ort, denn Dirigent und Köln-Debütant Christoph Spering hat zu den Sängern und Musikern fast keinen direkten Kontakt, sondern nur über Monitore. Dass sich unter diesen Umständen die Wackelkontakte in Grenzen halten, kommt einem Wunder nahe und spricht für die Konzentration aller Beteiligten. Dass in der kirchenartigen Akustik die Stimmen der Sänger quasi zum Himmel steigen, ist angesichts des Ensembles passend. Denn gesungen wird nahezu überirdisch. Regina Richter begeistert mit einem wunderschönen und brillant geführten Mezzosopran als Sextus. Ihre großen Arien werden vom Publikum bejubelt. Olesya Golovnevas Sopran ist für die Akustik fast eine Nummer zu groß. Trotzdem ist ihre Vitellia eine Offenbarung an Stil und Emotionen. Mirko Roschkowski ist ein großartiger Titus. Sein Gesang ist eben königlich und elegant, in den Rezitativen zeigt er sich forsch und autoritär. Aoife Miskellys Servilla ist an lyrischer Reinheit nicht zu überbieten. Adriana Bastidas Gamboa, schon in der Premiere mit dabei gewesen, ist in der Hosenrolle des Annio im positivsten Sinne absolut eingesungen und souverän. Bleibt noch der starke Lucas Singer, der aus der kleinen Rolle des Publio kraftvolle Töne herausholt. Tadellos, aber auch nicht gerade übermotiviert zeigt sich der von Andrew Ollivant einstudierte Chor.

Nicht nur gut in der Koordination, sondern auch in der Interpretation ist das Dirigat von Spering. Das Gürzenich-Orchester wartet mit einem sanften Klang auf, aber auch mit vielen Akzenten. Großartig auch die Solostimmen im Orchester – etwa die Klarinette im Parto, parto, die sich bei der Arie Richters auf der Bühne befindet.

Kaum ist der letzte Ton der Oper verklungen, flippt das Publikum förmlich aus. Man steht auf und feiert die Sänger überschwänglich – vollkommen zu Recht. Kölns Opernbesucher zeigen sich von ihrer besten Seite.

Rebecca Hoffmann

 

Fotos: Paul Leclaire