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Fakten zur Aufführung 

ELEKTRA
(Richard Strauss)
22. Oktober 2015
(Premiere am 19. Januar 2014)

Semperoper Dresden


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Elektra elektrisiert nicht immer

Dresden widmet seine diesjährigen Richard-Strauss-Tage zwei sehr unterschiedlichen Frauenbildern aus dem umfangreichen Werk des bayerischen Komponisten, der in Dresden seine ersten und mit größten Erfolge feierte. Beide Titelfiguren sind treue, liebende Töchter, deren Leben aber unterschiedliche Schicksalswege nehmen. Die hochdramatische expressive Elektra, in Gram und Rachelust verzehrt, wird der elegant herrschaftlichen, Gefühle zähmenden Arabella gegenübergestellt. Beide Aufführungen sind Wiederaufnahmen, die für die Festtage mit Starbesetzung dargeboten werden.

Sehr verfremdend wirkt das Bühnenbild von Muriel Gerstner für die griechische Tragödie Elektra. Der Vorhang öffnet sich und wir befinden uns in einer eleganten, nüchternen, in dunklem Holz getäfelten Empfangshalle. Auf der Empore agieren die Mägde als adrette Stubenmädchen in schwarzer Uniform. Elektra kauert in einer Wandnische in elegantem, figurbetontem Glitzerkleid mit Fellsaum. Alles wirkt sehr bieder und geordnet. Ein paar gestapelte Parkettplatten sollen vermutlich die Brüchigkeit der gesellschaftlichen Maske symbolisieren und auf die tiefen Gräben zwischen den handelnden Personen hinweisen. Aber die Baustelle eröffnet sich schwer.

Zu viel Partygirl haftet dieser Elektra an, und Irene Theorin gelingt es mit ihrem Spiel kaum, den Rachedurst und die Mordlust, die in ihr steckt, zum Ausdruck zu bringen bis zum Spagat der liebenden treu ergebenen Tochter. Sie hat Stimmkraft in ihrem mächtigen dramatischen Sopran, nur kann sie ihn schwer zähmen. Viel Druck steckt in den Spitzentönen, die kaum noch als Gesang wirken. Im Lagenwechsel verfärbt sich die Klangfarbe ihrer Stimme. Richard Strauss schrieb die wohl anspruchsvollsten Frauenpartien in seinen Opern und schuf die spannendsten weiblichen Charaktere auf der Bühne. Das zeigt Waltraud Meier nun in der Partie der machtsüchtigen mordenden Klytämnestra, die sowohl ihren Mann und vermeintlich ihren Sohn auf dem Gewissen hat, als auch nach dem Leben ihrer Tochter Elektra trachtet, die sie immer wieder an ihre Gräueltaten erinnert. Von Bettina Wagner in ein nichtssagendes Kostüm aus goldfarbener Bluse und knielangen, karierten Rock gesteckt, gibt sie der Erscheinung eine königliche Wirkung und herrschaftlichen Ausdruck. Weich gleitet ihre Stimme, niemals wirkt sie schrill oder expressiv auch im dramatischen Streitgespräch mit ihrer Tochter. Ihre Klytämnestra zeigt innere Zweifel und Zerrissenheit genauso wie den kaltblütigen Machtanspruch, der in der zarten Person steckt. Camilla Nylund passt hier gut dazwischen als die junge, in ihren Gefühlen verlorene Tochter Chrysothemis, die zwischen Schwesterliebe und Gehorsam der Mutter gegenüber herumirrt. Markus Marquardt fehlt als Orest Strahlkraft und Stimmfülle in seinem fahlgrauen Anzug.

Axel Kober zeigt im Orchestergraben die Kämpfe zwischen den handelnden Personen und lässt deren Hass und Kampfeslust wahrhaft aufeinanderprallen. Hart schmettern polyphone Dissonanzen im Tutti, die sich wunderlich in weichen langgezogenen Melodiebögen auflösen. Die Staatskapelle zeigt ihre Begeisterung und Verbundenheit mit dem Komponisten Strauss in ihrem aufmerksamen konzentrierten Spiel. 

Das Publikum des nicht ausverkauften Hauses feiert Waltraud Meier und Irene Theorin sowie den Dirigenten und das Orchester mit kräftigem Applaus.

Helmut Pitsch

 



Fotos: Matthias Creutziger