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Fakten zur Aufführung 

PHAEDRA
(Hans Werner Henze)
14. Januar 2009

Philharmonie Köln


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Konzertoper konzertant

Einen Konzertabend der Ausnahmeklasse erlebte die Kölner Philharmonie am vergangenen Mittwoch. In der Uraufführungsbesetzung und vor der Wiederaufnahme an der Berliner Staatsoper (16. bis 20. Januar 2009) gastierte das Ensemble Modern unter der Leitung von Michael Boder mit Hans Werner Henzes Phaedra. Als Auftragswerk und Koproduktion der Staatsoper Unter den Linden, des Théâtre Royal de la Monnaie Bruxelles, der Wiener Festwochen, der Alten Oper Frankfurt und der Berliner Festspiele hat das Werk seit seiner Uraufführung 2007 einen Siegeszug erlebt, wie es in der zeitgenössischen Opernszene selten geschieht. Das Fachblatt ‚Opernwelt’ wählte das Stück dafür auch im vergangenen September zur „Uraufführung des Jahres“.

Die Gattungsbezeichnung der Phaedra ist: Konzertoper. Diese Neuschöpfung bedeute, so Henze, dass sein Stück zwischen Oratorium und Musikdrama laviere: „Das Orchester soll durch das Frankfurter ensemble modern dargestellt sein. Wir haben ein richtiges Kammerorchester, aufgeteilt in drei Gruppen. Es sitzt auf der Bühne, rücklings und im Halbkreis. Die Aktionen finden davor statt (...) und sind entsprechend stark limitiert.“ ( H. W. Henze, Phaedra. Ein Werkbuch, Berlin, Wagenbach, 2007, S. 15). Die Uraufführungsinszenierung in der Regie von Peter Mussbach und im Bühnenbild von Olafur Eliasson wich von dieser Grundidee ab, inszenierte das Stück im Opernhaus und platzierte das Ensemble Modern im Parkett unter den Rängen, was für einen unvorteilhaften Klangeindruck sorgte (Opernnetz-Besprechung hier).

In der konzertanten Aufführung in der Kölner Philharmonie, die architektonisch eine moderne Fassung des antiken Theaters ist, konnte man die Phaedra jetzt unter akustisch ganz optimalen Bedingungen und konzeptnäher erleben - die Musiker jedoch zum Glück nicht rücklings, sondern dem Publikum zugewandt. Das mit 23 Musikern besetzte Ensemble Modern ist Hauptakteur der Phaedra. Hell, durchsichtig, expressiv und kraftvoll, farbig und auch klangschön erklingt die sparsam instrumentierten Partitur mit partiell exotischen Instrumentarium unter der souveränen und konzentrierten Leitung von Michael Boder. Ganz verblüffend in ihrer Passung wieder die für ein Stück aus 2007 ganz unerwartete Einbindung der eingespielten Bruitage: Gewitter, Sturm, Telefon, Geräusche aus dem Operationsaal etc.

Den Solisten ist das Stück inzwischen ganz selbstverständlich geworden. Trotz der konzertanten Grundsituation war es eine Aufführung voller Dramatik. Mit einer beglückenden Souveränität haben sie die Partien verinnerlicht, in allen Rollen ist eine ganz intensive Einheit von Darstellung und stimmlicher Gestaltung festzustellen, immer auch sehr textverständlich, was dem Libretto des Lyrikers Christian Lehnert die erforderliche Geltung verschafft: John Mark Ainsley als Hippolyt, die eigentliche Hauptrolle, mit schlankem, klangschönen Tenor, Natascha Petrinsky (Mezzo) als dramatische Phaedra, Marlis Petersen (Sopran) koloratursicher als Aphrodite. Axel Köhler singt als Countertenor die Artemis und Lauri Vasar (Bariton) den Minotaurus. Phänomenal.

Komponieren sei Arbeit an der Verschönerung der Welt, so beschreibt Christian Lehnert den inneren Antrieb Hans Werner Henzes. Köln und das Rheinland haben daran offensichtlich nur bedingt Interesse, wovon eine erschreckende Auslastung - immerhin wirkte Henze als Professor für Komposition von 1980 bis 1991 an der Kölner Musikhochschule - von schätzungsweise nur 50 Prozent Zeugnis ablegt. Brüssel zum Vergleich konnte locker fünf Aufführungen in der Monnaie Oper füllen. Am Ende aber auch in Köln: lang dauernde Ovationen für Ensemble Modern, Michael Boder und die fünf Solisten.

Dirk Ufermann