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Fakten zur Aufführung 

CARMEN
(Georges Bizet)
16. Januar 2010
(Premiere: 26. April 2008)

Staatsoper Hannover


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Triumph der Oper

Hannovers Carmen ist der lebendige Beweis für die unwiderstehliche Kraft des Mythos’ Oper – und zugleich ein Triumph für die Staatsoper Hannover, die solche Produktionen nicht in den Rumpelkammern des „Fundus“ verschwinden lässt, aber sie auch nicht gnadenlos im Repertoire verbraucht.

Monique Wagemakers radikale Inszenierungsidee archaischer Konflikte – eine aggressiv unsichere Carmen, ein orientierungslos irrender José, eine neugierig suchende Micaela; Volk, Arbeiterinnen, Räuber, Soldaten gefangen in zwanghafter Bedrängung – entwickelt in detaillierter Personenführung Metaphern individueller und gesellschaftlicher Existenz - ohne platt zu dekonstruieren und verquast zu „aktualisieren“.

John Ottos emotional bedrängendes Bühnenbild mit variabel trennenden Gitterwänden und einer martialischen Treppe zu einer brutalen Brückenkonstruktion schafft kommunikative Räume mit verzweifelten Ambivalenzen - und Rien Bekkers’ real-phantasievollen Kostüme verweisen auf konkrete Gültigkeit.

Im Ensemble gibt es Änderungen gegenüber der Premiere Anno 2008 (opernnetz-Besprechung hier): Phänomenal weiblich, mit hinreißender erotischer Ausstrahlung, eine Darstellerin mit der Fähigkeit zu totaler Hingabe, ein Mezzo mit allen Ingredienzien der so stimulierenden Stimmlage: eine verführerische Mittellage, geheimnisvolle Tiefen, leuchtende Höhen - Monika Walerowicz ist eine ultimative Carmen! Ricardo Tamura wächst mit permanenter Arbeit an den gesuchten Aufgaben: ungemein kraftvoll und sicher in der Intonation, mit bewundernswertem Volumen, flexibel im Ausdruck, ohne Scheu vor extremen Herausforderungen – darstellerisch ganz im Sinne der Inszenierung: ein José der Extraklasse! Die junge Karen Frankenstein gibt eine mädchenhaft-suchende Micaela, rekurriert nicht auf schmalzige Melodik, ist sicher in der Intonation, betont ihre stimmliche Kraft, braucht aber offensichtlich weitere Herausforderungen, um ihre Möglichkeiten weiter zu entwickeln. Tobias Schabel ist ein Escamillo mit lockerer Attitüde – weniger ein traditions-geprägter Torero als vielmehr ein flapsiger Show-Star: stimmlich souverän, ein kerniger Bariton. Mit Hinako Yoshikawa und Julia Faylenbogen sind attraktive Frasquita und Mercedes: stimmlich variabel, ausdrucksvoll und sicher in allen Lagen. Das Hannover-Ensemble überzeugt durch ausgeglichene Stimm-Kompetenz - und der Chor (Leitung Dan Ratiu) agiert mit großem Engagement und singt mit kollektiver Perfektion.

Das Niedersächsische Staatsorchester interpretiert unter Toshiaki Murakami einen stimulierenden Bizet-Klang, kollektiv eruptiv, in den Instrumentengruppen differenziert, vor allem in den Piano-Passagen subtil, permanent in intensiver Übereinstimmung mit der Bühne!

Für das faszinierte hannoversche Publikum ist die vermittelte Imagination offenbar so stark, dass es – glücklicherweise – bisweilen auf spontanen Szenen-Applaus verzichtet - aber am Ende enthusiastisch applaudiert und jubelnde Zustimmung ausdrückt. Eine prima Symbiose von Entspannung auf der Bühne und Begeisterung im Saal!

Franz R. Stuke




 
Fotos: Thomas M. Jauk