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Fakten zur Aufführung 

LA BOHÈME
(Giacomo Puccini)
22. November 2008
(Premiere: 27. September 2008)

Theater Bielefeld


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Triumph des Gesangs

Wurde die Bielefelder Bohème-Premiere durch einen Kreislaufzusammenbruch Marcello Bedonis abrupt gestoppt, so geht es bei der Repertoire-Aufführung zwei Monate später bis zum tragischen Ende - allerdings ohne Marcello Bedoni. (Premierenbesprechung hier)

Arthur Shen ist ein Rodolfo par excellence, begnadet mit einem viril strömenden Spinto-Tenor voller emotionaler Kraft, ohne Scheu vor den Herausforderungen der gelingenden Spitzentönen, dabei permanent mit viel Ausdruck in allen Lagen. Anett Fritsch ist eine stimmlich nahezu perfekte Mimi – weich und geschmeidig phrasierend, voll selbstbewusstem Vertrauen in die fantastischen Möglichkeiten ihres ausdrucksstarken Soprans mit hinreißenden dramatischen Momenten. Jacek Janiszewski singt einen abgeklärten Colline mit profundem Bass, dunkel getönt, aber mit intensivem Ausdruck des tief empfundenen Mit-Leidens! Meik Schwalm gibt dem Marcello durchaus ambivalenten Charakter; Michael Bachtadze ist ein lebenslustiger Schaunard; Cornelie Isenbürgers Musetta überrascht mit einer lockeren Interpretation der so oft dramatisch überzeichneten Figur; und die unverwüstliche Rampensau Monte Jaffe liefert als debiler Benoit eine Charakterstudie ersten Ranges! Im Bielefelder Theater ist Puccini-Gesang vom Feinsten zu hören!

Den Bielefelder Philharmonikern unter Witolf Werner möchte man – bei allem Bemühen, die sentimentalischen Konventionen des Puccini-Klischees zu konterkarieren – etwas mehr Geschmeidigkeit im Zusammenspiel der Instrumentengruppen wünschen.

Und Christof Cremers Bühne sowie Birgit Kronshages Regie: das sind minimale Ansätze emotionalisierenden Opern-Geschehens. Mit der Momus-Szene verglichen ist der Weihnachtsmarkt in Jöllenbeck heißblütiges Montmartre-Feeling. Aufgesetztes Zusammenspiel und rudimentäre Bühnen-Elemente vermögen keine bewegenden Emotionen zu vermitteln.

Das Haus ist bis auf den letzten Platz besetzt - doch will sich nicht die rechte Opern-Atmosphäre einstellen: da erklimmen noch mitten im ersten Akt einige Nachzügler die steilen Stufen des Rangs, da drängeln sich Besucher während der Mimi-Arie auf ihre Plätze in der ersten Reihe des Rangs, da kommt der Beifall nach Rodolfos grandioser Arie viel zu zögerlich, unterbleibt nach Mimis Arie gänzlich. Am Ende überwiegt das Gefühl, einen angenehmen Abend erlebt zu haben - aber nicht die Betroffenheit durch Musik und Gesang. Da muss sich noch eine Bielefeld-spezifische Form der Opern-Kultur entwickeln. (frs)
 






Fotos: Matthias Stutte