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NEWS 

Lebendiger Telemann


 

In Feierlaune


Wenn Carsten Lange nicht gerade feiert, kümmert sich der promovierte Musikwissenschaftler um die Telemann-Pflege und -Forschung als Leiter des Zentrums (6'25).

 

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Das unterschätzte Festival

Georg Philipp Telemann war ein Sohn der Stadt Magdeburg und bedeutender Musiker im 18. Jahrhundert. Das war 1962 Grund genug, ein Festival ins Leben zu rufen, das bis heute existiert und immer wieder neue Höhepunkte bietet. Dieses Jahr wäre Telemann 333 Jahre alt geworden. Anlass für eine kleine Jubelpartie.

Die Region Mitteldeutschland gilt als „Wiege der Barockmusik“ in Deutschland. Neben der Bachstadt Leipzig und der Händelstadt Halle ist Magdeburg, die Landeshauptstadt Sachsen-Anhalts, die Geburtsstadt von Georg Philipp Telemann. Der Komponist verbrachte fast seine gesamte Kindheit und Jugend in Magdeburg, ehe er sich nach Hamburg verabschiedete. Seit den 60-er Jahren des vergangenen Jahrhunderts feiert die Stadt ihren Sohn in Form der Telemann-Festtage, die in diesem Jahr zum 22. Mal ausgerichtet werden.

Zuständig für die Ausrichtung ist das Zentrum für Telemann-Pflege und -Forschung, und das klingt zunächst einmal ziemlich trocken und uninteressant für den, der das Festival für eine Zusammenkunft einiger Exoten hält, die in der Vergangenheit verhaftet sind. Und wirklich gibt es auch die Fachkonferenz, die in diesem Jahr unter dem außerhalb musikwissenschaftlicher Kreise eher behäbigen Titel Impulse – Transformationen – Kontraste. Georg Philipp Telemann und Carl Philipp Emanuel Bach stand. Hinter vorgehaltener Hand hört man, dass der Hauptgrund für diese Tagung ist, einen wesentlichen Bestandteil der Finanzierung des Festivals zu sichern. Das ist legitim, die Pflicht gehört zur Kür. Und bei der Kür blüht das Festival so richtig auf.

Sieben „Erstaufführungen“ sorgen für Spannung

Schon das Eröffnungskonzert ist mit annähernd 200 Gästen vollständig besetzt. Am darauffolgenden Abend findet man im Opernhaus des Theaters Magdeburg keinen freien Platz mehr, wenn die Premiere von Otto zu sehen ist, einer Oper, die Telemann auf der Grundlage von Georg Friedrich Händels Oper Ottone bearbeitet hat. Insgesamt gibt es nach Angaben der Organisatoren 45 Veranstaltungen mit 530 Mitwirkenden aus 20 Ländern. Spaziergänge durch die Stadt inklusive. Das Prinzip ist von anderen Festivals bekannt: Die Aufführungen finden an passenden Orten in der ganzen Stadt statt. So kann man das außerordentlich überzeugende Konzert Zu Ostern und Pfingsten unter der musikalischen Leitung von Hermann Max in der Pauluskirche erleben. Paul Dombrecht ist der Gewinner des Georg-Philipp-Telemann-Preises der Landeshauptstadt Magdeburg und führt ein großartiges Konzert im historischen Rathaus auf.

Ein echtes Jugendprojekt gibt es auch. Seit 1994 gehört es zur Tradition der Festtage, Kindern und Jugendlichen die reichen Traditionen der mitteldeutschen Musiklandschaft vorzustellen. In diesem Jahr gibt es elf Vorstellungen des musikalischen Lustspiels Pimpinone oder Die ungleiche Heirat von Telemann, die mehr als 2000 Schülerinnen und Schüler aus 14 Grundschulen Magdeburgs und Umgebung begeisterten.

Großartige Künstler sorgen für spezielles Telemann-Klima

Nach zwei Festivaltagen ist die Begeisterung für die dargebotenen Leistungen hoch. Fantastische Musiker, vollbesetzte Häuser und Musik, die man noch nie gehört hat – die Veranstalter sprechen von „sieben Erstaufführungen in heutiger Zeit“ – möchte man eigentlich keine der geplanten Veranstaltungen mehr missen.

Für den festivalerfahrenen Besucher allerdings ist Magdeburg schon eine kleine Enttäuschung. Nichts und niemand in der Stadt weist auf dieses wirklich umfangreiche Festival hin. Hier ist außerhalb der Veranstaltungsorte keinerlei Begeisterung erfahrbar. Und so werden die Telemann-Festtage in der eigenen Stadt schnell zum hidden champion, was angesichts des Organisationsgrades und Eifers der Veranstalter eigentlich nicht angebracht ist. Da gilt es, dringend nachzuarbeiten, um das Festival und seine Veranstaltungen tatsächlich in die Stadt hineinzutragen.

Michael S. Zerban, 21.3.2014

 


An der Elbuferpromenade steht das
plastische Ensemble Der Fährmann von
Eberhard Roßdeutscher. Es zeigt eine
Szene aus Pimpinone.


Im Kloster Unserer lieben Frauen ist
ein Museum und die Konzerthalle
Georg Philipp Telemann untergebracht.


Am Durchgang zwischen heutiger
Goldschmiedebrücke und
Regierungsstraße findet man die
Telemann-Stele.


Die Brunnenturmfigur Telemann und die
vier Temperamente
ist ebenfalls von
Eberhard Roßdeutscher gestaltet und
findet sich am Kloster Unserer lieben
Frauen.