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Leserbrief

zu "Die Herzogin von Chicago" am Theater Bonn

 

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Lebendige Operette

Die sogenannte "Verwässerung", die der Rezensent bei der Bonner Aufführung so kritisiert, ist eher eine Verschlankung der im Original fast 4-stündigen Operette. Man kann Andrea Schwalbach nur dankbar sein, den flachen Plott auf spielbare, dramaturgisch griffige 2 Stunden heruntergekürzt zu haben. Die "Handlung" läßt sich ohnehin in knapp 10 Minuten zusammenfassen.

Nein, diese Produktion zeigt, wie lebendig Operette heute noch sein kann und der große Erfolg beim Publikum und der Presse (unter anderem auch aus Wien!) unterstreichen das nur ausdrücklich. Und: die politischen Seitenhiebe auf die amerikanische "Hoppla-Jetzt-Komm-Ich"-Mentalität waren weder überzogen, noch ungerechtfertigt!

Neben der stimmigen, charmanten Inszenierung stechen auch die musikalischen Qualitäten heraus: Timothy Simpson und Julia Kamenik (übrigens werden die Sänger beim Singen NICHT mit Mikrofon verstärkt, sondern nur beim Sprechpart!) sind eine wunderbare Besetzung und das Orchester unter Wolfgang Lischke läßt neben Walzer und Charleston auch die vielen folkloristischen Elemente aufglühen, die in dieser Operette so wunderbar zusammen finden.

Die Frage, ob hier eine Operette auf Musical-Niveau degradiert wurde, ist sowieso überflüssig. Beide Formen des Musiktheaters sind schließlich nicht unähnlich. Nur: Operetten werden schon seit 60 Jahren nicht mehr geschrieben. Warum wohl? Von daher ist es dem Bonner Theater sehr zu danken, gerade mit diesem unbekannten Cross-Over-Werk von 1928 seinen Teil dazu bezutragen, die populäre Musik von Gestern dem Publikum von heute so witzig, kurzweilig und charmant zu präsentieren! Unbedingt anschauen!

Andreas Schneider