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KOMMENTAR

von Michael S. Zerban
7. September 2010


Wenn Pressearbeit von Profitgier bestimmt wird, gibt es für die Beteiligten keinen Gewinn.


 

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Hinter den Kulissen

In den Opernhäusern dieser Welt schwelt die große Angst. Ein Pressearbeiter, der über Gebühr Freikarten verteilt, ist das Schreckgespenst, das in Europa umgeht. Da werden Schranken und Barrieren aufgebaut, um Missbrauch zu verhindern. Es kommt dann auch schon mal vor, dass ein Pressearbeiter vor lauter Schranken und Barrieren seine eigentliche Aufgabe aus den Augen verliert.

Dabei läuft die Kartenvergabe in der Regel ganz geordnet. Der Pressearbeiter kennt seine „Pappenheimer“. Er oder die Pressearbeiterin verteilen die Karten, und er oder sie weiß, dass der Kollege, die Kollegin eine Begleitung mitbringt, weil man eine solche Aufführung in Begleitung ganz anders rezipiert als auf sich allein gestellt. Das ist ein Kalkül, auf das sich Journalisten gerne einlassen, weil sie so Gelegenheit bekommen, die Aufführung zu reflektieren, ehe sie zur Feder oder in die Tastatur greifen. Pressearbeiter, die in der Wirklichkeit leben, wissen das, geben ohne weitere Fragen zwei Karten heraus und sind sich einer qualifizierten Berichterstattung gewiss. Journalisten, für die der Besuch einer Aufführung übrigens harte Arbeit mit einer hohen Verantwortung ist, nutzen ein solches Agreement auch gern mal, um ihrerseits Menschen für Oper zu interessieren, die ansonsten vielleicht weniger Begeisterung dafür aufgebracht hätten. Ist ein Medium aus einem anderen Land nicht bekannt, verschafft sich der gewissenhafte Pressearbeiter rasch Kenntnisse über das Medium.

Zum Arbeitsaufwand eines Journalisten, der „für lau“ eine Oper besucht, ist kurz festzuhalten, dass er die Aufführung stellvertretend für – beim Opernnetz inzwischen annähernd 60.000 – Leserinnen und Leser besucht, das Programmheft komplett durcharbeitet, diverse Pressemitteilungen zu lesen hat, Hintergrundinformationen einsammelt und Stimmen wie Stimmungen einfängt, ehe er oder sie sich – meist in Nachtarbeit – an einen Bericht setzt, der möglichst alle Aspekte einer Inszenierung berücksichtigt. Da kommen in der Summe schnell mal acht bis zwölf Stunden oder mehr für eine Rezension zusammen.

An dieser Stelle einmal einen herzlichen Dank an all die Pressearbeiterinnen und Pressearbeiter, mit denen Opernnetz europaweit seit vielen Jahren reibungslos zusammen arbeitet.

Besonders ärgerlich wird es allerdings, wenn Pressearbeiter ihre Arbeit nicht verstehen. Wenn also Borniertheit und Unwissenheit vorherrschen. Da werden für die Begleitung schon einmal mindestens hundert Schweizer Franken verlangt, ungeachtet der Reisekosten, die das Medium ohnehin zu tragen hat. Da soll die Reisebegleitung also abends allein im Hotelzimmer sitzen bleiben, weil der Partner sich allein der Oper hinzugeben hat. Besser noch: Mit einzigartiger Weltfremdheit wird da die Vorfreude über die Berichterstattung geäußert – wenn denn erst einmal ein Obolus in entsprechender Höhe geleistet ist. Zugespitzt liest man da: Bezahlen Sie doch bitte dafür, dass Sie über unser Haus berichten dürfen. Wer so denkt, hat weder die Funktion der Presse verstanden noch in der Wirklichkeit gelebt. Solch ein Pressearbeiter sollte seine Karriere als Beamter vorantreiben; eine Karriere als Pressearbeiter kommt für ihn oder sie nicht ernsthaft in Betracht.

Opernnetz jedenfalls lehnt konsequent die Berichterstattung über Häuser ab, die sich an dieser Berichterstattung bereichern wollen. So funktioniert Kulturbetrieb nicht. Weder in Deutschland (wo wir so etwas noch nicht erlebt haben), noch in Österreich (wo wir so etwas noch nicht erlebt haben), noch in der Schweiz.

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