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Fakten zur Aufführung 

ARABELLA
(Richard Strauss)
5. März 2011 (Premiere)

Wuppertaler Bühnen


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„Nimm mich, wie ich bin“

Man könnte meinen, das Bühnenbild nähme das Foyer des Wuppertaler Opernhauses auf. Richard Strauss’ Arabella, ein Stück über Werte und Maßstäbe als Theater im Theater?

Peter Werner baut diese Bühne, die zuerst das Hotelzimmer der Waldners ist, die mit halb ausgepackten Kisten wohnen, immer auf dem Sprung, um vor den Gläubigern fliehen zu können. Georg Köhl inszeniert in dieser Umgebung gekonnt und vor allem mit tollem Konzept hinsichtlich der Personenführung. In jeder Phase des in der Karnevalszeit ansiedelten Stücks um Vertrauen und Hingabe gelingt es dem Regisseur, die Beziehungen der Figuren zu einander szenisch zu belegen – unterstützt von der absolut wirkungsvollen Lichtregie von Sebastian Ahrens, der herrlich Stimmungen untermauern kann. Dazu tragen auch die absolut sehenswerten Kostüme von Claus Strump bei. Ins Schwärmen bringt da allein schon die so differenzierte schwarze Ballkleidung - einfach eine Augenweide, natürlich auch im Kontrast zum tiefroten Ballkleid der Titelfigur. Trotzdem vermeidet es Köhl, ins Kitschige, Sentimentale abzugleiten, wozu die Musik ja vordergründig verführen könnte. Hier gelingt der seltene Einklang von betörender Musik, opulenten Bildern und genauer Figurenausgestaltung. Das Tüpfelchen auf dem i zaubert Köhl am Schluss hervor, als er das gefühlsduselige Happy End durchbricht: Mandryka bleibt verwirrt zurück, ist sich nicht sicher, ob er wirklich in Arabella verliebt ist - oder doch nur in das kleine Foto von ihr, das den ganzen Abend über auf der Bühne liegt? Ist er in der Lage, ihre Forderung zu erfüllen: „Ich kann nicht anders werden, nimm mich wie ich bin!“ – oder hat er sich ein Ideal erträumt, das es in Wirklichkeit nicht gibt?

Musikalisch ist die Arabella-Partitur bei Hilary Griffiths in besten Händen. Das Sinfonieorchester Wuppertal schafft differenzierten Grund in den dialogischen Passagen, schwingt sich aber auch zu schwelgerischer Fülle empor.

Das Wuppertaler Ensemble stemmt diese Arabella ganz ausgezeichnet – angefangen vom Opernchor, den Jens Bingert prima präpariert hat. Marina Edelhagen als Kartenaufschlägerin ist ebenso typgerecht besetzt wie das Trio der nicht erhörten Freier: Boris Leisenheimer gefällt als ungestümer Elemer wie auch Miljan Milović und Thomas Schobert als Dominik und Lamoral.

Michael Tews und Joslyn Rechter als Arabellas Eltern singen vorzüglich. Dagegen fällt Elena Fink als Fiaker-Milli mit rauen, ungelenken Koloraturen etwas ab. Darstellerisch glänzt Oliver Ringelhahn als unglücklicher Matteo.

Die Hauptpartien sind einfach mörderisch - und so können da einige Töne schon mal ein wenig schrill werden, etwas unkontrolliert wie bei Banu Böke. Doch kann man ihr nur alle Komplimente machen für ihre so glaubwürdige und berührende Gestaltung der Titelpartie. Das geschieht sehr schön differenziert. Eine Verbeugung auch vor Dorothea Brandt: Ihre Zdenka ist von hingebungsvoller Zartheit.

Alles überstrahlt aber Kay Stiefermann als Mandryka. Hingerissen lauscht man seinen Liebesschwüren und seiner Seelenqual – eine gesangliche Sternstunde. Stiefermann lässt seinen durch und durch ausgeglichenen, ebenmäßigen Bariton frei strömen, verfügt über eine gut ausgebaute Höhe, ein sehr ansprechendes Timbre – kurzum: eine Idealbesetzung.

Von der großen Einheit szenischer und musikalischer Gestaltung lässt sich das Premierenpublikum gefangen nehmen – Riesenbeifall für Orchester, Dirigent, Solisten und das Regieteam.

Thomas Hilgemeier



 




 
Fotos: Sonja Rothweiler