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Fakten zur Aufführung 

LA CENERENTOLA
(Gioachino Rossini)
26. März 2011 (Premiere)

Mainfrankentheater Würzburg


Points of Honor                      

Musik

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Interview

Wenn Sie auf die erste Taste klicken, hören Sie ein Interview von Franz R. Stuke mit Hermann Schneider, Intendant des Mainfrankentheaters Würzburg. Schneider nimmt Stellung zur bevorstehenden Sanierung des Hauses, deren Finanzierung und der Suche nach einem Ausweichquartier (5’22).

 

Interview

Wenn Sie auf die erste Taste klicken, hören Sie ein Interview von Franz R. Stuke mit Enrico Calesso, Erster Kapellmeister des Mainfrankentheaters Würzburg (4’12).

 
 

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Das Märchen von Armen und Reichen

Cenerentola (Aschenputtel) ist ein Märchen, im konventionellen Verständnis: eine romantisch-gefühlvolle Geschichte. Aber Märchen sind Blicke in seelische und gesellschaftliche Abgründe, „volkstümliche“ Lehrstücke über Gewalt und ersehnte Gerechtigkeit.

Würzburgs ideenreicher Intendant Hermann Schneider inszeniert dieses Märchen sowohl als Geschichte der Diskrepanz von Arm und Reich und dem Glück einer verkappten Prinzessin, aber auch als Drama allgegenwärtiger Gewalt – mit der Hoffnung auf (unsichere) Überwindung.

Der Vater Don Magnifico wird zum unappetitlichen Widerling wie der Sklavenhalter von Fluterschen im Westerwald, der seine Töchter missbraucht; Angelina kämpft um ihre Befreiung aus dieser Tortur – ist am Ende die „starke Frau“ im alten Milieu: Ein drastisch in Szene gesetzter Prozess der Emanzipation mit nachdenkenswertem Happy End!

Bernd Frankes assoziationsreiche Bauten auf der narrativ eingesetzten Drehbühne konfrontieren ein verkommenes und angekoltetes Eigenheim von Lehman-Brothers-Opfern vor den Mauern der geschützten Welt der Schönen und Reichen.

Götz Lanzelot Fischer entwirft kontrastierende Kostüme: ordinäres Outfit für die Prolls, viel Glitzer für die großkotzigen Obsieger im „Klassenkampf“.

Sonja Koppelhuber verkörpert sowohl eine renitent-unterdrückte Angelina als auch eine selbstbewusste Cenerentola – intensiv agierend und stimmlich beeindruckend mit hinreißender Leidenschaft in den so emotionalen Rossini-Vorgaben: virtuos im rasenden Stakkato, sicher in den Höhen, mit betörendem Timbre. Leonardo Ferrando als Don Ramiro ist ein vollkommener Beherrscher des Rossini-Belcanto – faszinierend in der Intonation, brillant in den geforderten Variationen. Daniel Fiolka gibt den ambitionierten Diener Dandini mit distanzierendem Spiel und beherrscht die Kunst des Belcanto mit variabler Stimme. Johan F. Kirsten ist der gescheitert-schleimige Don Magnifico – ein begnadeter Komödiant mit stimmlicher Souveränität. Silke Evers gelingt eine brillante Clorinda-Arie, ist wie Barbara Schöller als Tisbe ein frustriertes Opfer der gnadenlosen Verhältnisse. Und Tobias Germeshausens Alidoro ist der allgegenwärtige, zynisch steuernde Initiator der ungleichen Schicksale, darstellerisch präsent, stimmlich markant.

Der Herrenchor des Würzburger Theaters agiert geschlossen als militante „Garde“ des Ramiro – konsequent im bedrohlichen Auftritt, perfekt im kollektiven Singen (Leitung Markus Popp).

Mit Enrico Calesso leitet ein Maestro das außerordentlich spielfreudige Philharmonische Orchester Würzburg, der geradezu aufgeht in der Musik, permanent die Instrumentengruppen motiviert, die Bühne im Blick hat, Einsätze nahezu suggestiv fordert, phasenweise mitsingt – und aus Rossinis Exaltationen ein Feuerwerk an Tempo-Wechseln, Crescendi und leidenschaftlicher Dynamik entwickelt.

Das Würzburger Publikum lässt sich auf diese spektakuläre Cenerentola sehr schnell ein, es gibt Szenen-Applaus und am Ende lang anhaltende, nachgerade jubelnde Zustimmung für eine außergewöhnlich innovative Performance! Das Mainfrankentheater wird mit solcher Power die Jahre des Umbaus souverän „überleben“!

Franz R. Stuke

 







Fotos: Falk von Traubenberg