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Fakten zur Aufführung 

SALOME
(Richard Strauss)
7. Februar 2014
(Premiere am 22. Dezember 1972)

Wiener Staatsoper


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Schneidende, packende orchestrale Klänge

Das gibt es wohl fast nur an der Wiener Staatsoper. Dass eine Opernproduktion, die Ende 1972 unter Karl Böhm mit Leonie Rysanek in der Titelpartie und Eberhard Wächter als Johanaan, Premiere hatte, noch immer im Repertoire des führenden österreichischen Opernhauses zu finden ist. Und jetzt wurde Salome von Richard Strauss nach dem Text von Oscar Wilde in dieser Saison erstmalig, in dieser Inszenierung sage und schreibe zum 207. Mal aufgeführt.

Grund dafür dürfte wohl die ausnehmend schöne Ausstattung von Jürgen Rose sein: Es ist reiner Jugendstil, der beeindruckt. Man hat nicht nur beim steinernen Palast mit reicher, fein ziselierter und von Gold dominierter, stimmungsvoll ausgeleuchteter Ornamentik, sondern auch bei den reich geschmückten Roben den Eindruck, dass diese von Gustav Klimt persönlich stammen könnten, so frappierend sind sie dem großen, populären Wiener Jugendstilmaler nachempfunden. Eine Inszenierung, wie sie seinerzeit von Boleslaw Barlog erdacht wurde, ist natürlich nur mehr in rudimentären Zügen vorhanden. Ganz traditionell ist sie und bleibt streng am Libretto. Der abgeschlagene Kopf des Johanaan etwa wird der Salome in der Schlüsselszene punktgenau zur Musik vom Henker mit gestrecktem Arm aus der Zisterne auf einer Silberschüssel gereicht. Letztlich wird die Aufführung von den einzelnen Darstellern je nach eigenem Können und Gutdünken getragen. Das wirkt fallweise etwas statisch, ist aber immer logisch und nachvollziehbar.

Bei den Protagonisten gibt es mehrere Rollendebüts am Haus: Gun-Brit Barkmin, die die Partie bereits beim letzten Gastspiel der Staatsoper in Tokio verkörpert hat, geht mit dieser zugegebenermaßen mörderisch schweren Rolle an ihre Grenzen: Sie bewältigt sie zwar, ist aber nicht immer ganz wortdeutlich, und ihr Sopran klingt, vor allem in den Höhen, immer wieder angestrengt. Was ihr aber völlig fehlt, ist die erotische Ausstrahlung. Ihre Bewegungen wirken seltsam eingelernt, und ihr Schleiertanz ist fast peinlich. Falk Struckmann singt erstmals den Johanaan am Ring: Nicht nur mehr wohltönend und im Vergleich zu früher doch schon etwas an seinen stimmlichen Mitteln reduziert, beeindruckt er immer noch mit mächtigem Organ und enormer Bühnenpräsenz. Wie ein fundamentalistischer Prediger, vor dem man sich fürchten muss.

„Sie ist ein Ungeheuer, deine Tochter. Ich sage dir, sie ist ein Ungeheuer“: Wortdeutlich und messerscharf mit seinem klaren, hellen Tenor lässt uns jedes Wort erschauern! Herwig Pecoraro weiß dem Herodes, den er ebenfalls das erste Mal singt, großes Profil zu geben und dürfte ein ganz großer Vertreter dieser biblischen Figur werden! Das Hin- und Hergerissensein zwischen Geilheit, Eidestreue und Ekel müsste er gestalterisch noch effektvoller umsetzen. Blass und sehr guttural in der Tiefe wirkt Iris Vermillion als Herodias. Carlos Osuna singt einen wortdeutlich, schönen Narraboth. Von den kleineren Partien lassen Ulrike Hetzel als Page und natürlich Norbert Ernst als erster Jude mehr als aufhorchen.

Das wahre Ereignis findet diesmal im Graben statt: Andris Nelsons am Pult des Orchesters der Wiener Staatsoper dirigiert seine erste Salome hier am Haus. Mit aufpeitschender Gestik lässt er gewaltige spannungsgeladene Stiegerungen, immer wieder wild ausfahrende Momente und schneidende Klänge aus dem Graben auffahren, die einen erschauern lassen. Aber auch sonst kostet er die vielen farbenreichen Fassetten und starken Emotionen der überwältigenden Partitur voll aus, dass es eine Freude ist.

Das begeisterte Publikum jubelte uneingeschränkt allen zu.

Helmut Christian Mayer

Fotos: Michael Pöhn