Fundus   Kommentar    Backstage     Medien     Medientipps     Kontakt     Impressum    Wir über uns  
   Dossier    Kleinanzeigen     Links     Facebook     Partner von DuMont Reiseverlag  
     

Fakten zur Aufführung 

BÉATRICE ET BÉNÉDICT
(Hector Berlioz)
20. April 2013
(Premiere am 17. April 2013)

Theater an der Wien


Points of Honor                      

Musik

Gesang

Regie

Bühne

Publikum

Chat-Faktor


Rezensionen-Archiv

Aufführungen nach Name
Aufführungen nach Ort


 
 

zurück       Leserbrief

Zäher Kampf der Geschlechter

Es hat schon gute Gründe, warum gewisse Opern im Dornröschenschlaf belassen werden und man sich gründlich überlegen sollte, sie wieder wachzuküssen. Béatrice et Bénédict ist so ein Fall. Die einzige Opéra comique von Hector Berlioz, 1862 zur Eröffnung des neuen Theatersaals in Baden-Baden mit großem Erfolg uraufgeführt, wurde jetzt reanimiert und am Theater an der Wien auf die Bühne gewuchtet. Die letzte Oper des französischen Komponisten basiert auf der komödiantischen Nebenhandlung eines streitlustigen Paares aus William Shakespeares Much Ado About Nothing – Viel Lärm um Nichts mit Happy End. Berlioz, der selbst das Libretto verfasst hat, gelingt es allerdings nicht, die dramaturgischen Stärken der Geschichte herauszuholen.

Leider ist ihm auch als Komponist im Gegensatz zu seinen früheren Opern nicht so viel eingefallen, was im Ohr bleiben oder begeistern könnte: Viel hübsche, auch teils anspruchsvolle Musik, durchaus schöne, melodiöse Einfälle, jedoch mit zu wenig Esprit und Spritzigkeit. Eine Ausnahme bildet das Duett von Héro und Ursule, bezeichnenderweise von zwei Nebenfiguren, das emotional in die Tiefe geht und Ohrwurmcharakter hat.

Obwohl Kaspar Holten, Direktor des Royal Opera House London, die Dialoge schon sehr gestrafft hat, sind sie für eine Oper noch immer viel zu langwierig. Warum sie zudem auch noch auf Französisch und nicht auf Deutsch gesprochen werden müssen, bleibt unerfindlich. Beeindruckend hingegen ist die halbrunde Bühne mit einer an ein Theater erinnernden Galerie von Es Devlin und einer hochfahrbaren, mannshohen Glaswand, die für die reichen Videoeinspielungen, wo man meist die Kulissen der Spielorte zeigt, verwendet werden kann. Sie wirkt wie eine Demarkationslinie zwischen den Geschlechtern und wird auch als Tennisnetz oder als Bar genützt. Holten verlegt die Geschichte, die in Messina spielt, aus dem 16. Jahrhundert knapp vor den ersten Weltkrieg, was sich in den geschmackvollen Kostümen von Moritz Junge spiegelt, und zeigt ideen- und detailreich einen Krieg der Geschlechter mit einer ausnehmend ausgefeilten und durchdachten Personenführung, die sich besonders bei den Hauptdarstellern niederschlägt.

Malena Ernman als Béatrice gibt eine herrliche Studie einer echten Zicke ab, die zwischen ablehnendem, bösen Zynismus und Zärtlichkeit schwankt. Viel Dankbares hat ihr der Komponist jedoch nicht zugedacht. Dafür umso Schwierigeres. Mit ihrem fast vibratolosen, ausgesprochen schönen Mezzo bewältigt sie auch die diffizilen Koloraturen makellos. Bernard Richter hat zumindest eine effektvolle Arie. Er singt die heikle Tessitura des Bénédict mit sehr geschmeidigem Tenor, vielen Farben und erweist sich auch als souveräner Darsteller, der nicht minder störrisch ist. Etwas unterkühlt wirkt der helle Sopran von Christiane Karg als Héro, die gemeinsam mit Ann-Beth Solvang als warmstimmige Ursule das schöne Duett singen darf, bei dem sich ihre Stimmen ideal mischen. Miklós Sebestyén wirkt in der Parodierolle des Kapellmeisters Somarone etwas lächerlich. Damit wollte Berlioz seinen Kollegen Spontini verspotten. In Minirollen, die hauptsächlich sprechen und kaum singen, erlebt man noch Nikolay Borchev als Claudio, Martin Snell als Pedro und Thomas Engel als Léonato. Mit Bravour und ohne Makel weiß wiederum der fabelhafte Arnold-Schönberg-Chor unter der Leitung von Erwin Ortner zu faszinieren.

Duftig und schlank im Ton klingt das ORF-Rad-o-Symphonieorchester unter der Stabführung von Leo Hussain, dem derzeitigen musikalischen Leiter des Salzburger Landestheaters, bei den lyrischen Stellen. Die dramatischen Passagen hingegen wirken teils recht grob.

Freundlicher, kurzer Applaus beendet den Abend mit einigen Bravi für die Sänger.

Helmut Christian Mayer







Fotos: Brinkhoff/Mögenburg