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Fakten zur Aufführung 

UN BALLO IN MASCHERA
(Giuseppe Verdi)
9. Januar 2013
(Premiere)

Teatro Verdi Trieste


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Noblesse, Verrat und Leidenschaft

In Galauniformen und mit Säbeln aufgeputzte Carabinieri am Eingang, viel Prominenz aus Stadt und Region, die Damen in edlen Roben und trotz der milden Temperaturen in Pelzmänteln, die Herren in dunklen Smokings, vor Vorstellungsbeginn die italienische Hymne: Das hat schon was! Genauso so erlebt man wie jedes Jahr die Eröffnungsgala der neuen Opernsaison am traditionsreichen und direkt am adriatischen Meer gelegenen Teatro Verdi in Triest.

Viel Noblesse auf der einen, kaltes Verrätertum auf der anderen Seite und vor allem eine unselige, unterdrückte, aber riesengroße Leidenschaft: So wirkungsvolle Stimmungselemente beinhaltet Giuseppe Verdis Musikdrama Un ballo in maschera. Davon ist bei der diesjährigen Eröffnungspremiere auf der Bühne dann auch genug zu erspüren. In erster Linie lebt die Inszenierung Massimo Gasparons von starken naturalistischen, ästhetischen und effektvollen Bilderwelten: Sei es die riesige Freitreppe im ersten Bild, die die gesamte Szene dominiert, oder die unheimliche, grottenartige Behausung der Wahrsagerin oder das düstere, von Nebelfetzen durchzogene Friedhofsbild mit der Kirchenruine im Hintergrund. Mit zu der geschmackvollen Ausstattung, die von Pierluigi Samaritani stammt, tragen auch die bewusst etwas überzogenen, in gedeckten Farben gehaltenen, historisch stilisierten Kostüme bei. In Italien muss man durchaus schon auch akzeptieren, dass alles mehrfach in Statik erstarrt. Aber insgesamt ist die traditionelle Personenführung von Gasparon durchaus vital, klar den Plot erzählend und immer nachvollziehbar. Und dabei werden die emotionalen Beziehungen zwischen den Protagonisten ganz offenkundig und vom Zuhörer stark spürbar.

Auch das Ballett in der Choreographie von Roberto Maria Pizzuto wird eifrig bemüht. Es trägt auch wesentlich zum packenden Finale bei: Im Hintergrund spielt ein Streichquartett auf. Der Tanz der mit weißen Kostümen und weißen Masken bekleideten, androgynen Figuren im barocken Prunksaal wird plötzlich zu einem skurrilen Totentanz, als der Mörder hinzutritt und den Herzog ersticht.

Weil es 1859 undenkbar war, einen Königsmord auf der Bühne zu zeigen, verlangte die gestrenge Zensurbehörde damals von Giuseppe Verdi, seine Oper, die auf der historischen, wahren Gegebenheit beruht, wonach 1792 bei einem Maskenball der schwedische König Gustav III ermordet wurde, in die USA zu verlegen. Aus König Gustavo wurde Herzog Riccardo. In dieser Version wird sie hier auch in Triest gezeigt.

Für fünf Glanzpartien hat Verdi das Werk geschrieben, die dieses Attribut überwiegend auch erfüllen können: Gianluca Terranova hat mit der Partie des Grafen Riccardo keinerlei Probleme, meistert mit seinem ausgesprochen schönen Tenor alle erforderlichen, feinen Lyrismen und auch all die Spitzentöne. Aris Argiris als sein bester Freund und Vertrauter Renato, der zum Mörder wird, verfügt über ein gewaltiges Stimmpotenzial, das er teilweise zu kraftvoll einsetzt. Er kann aber auch als vermeintlich Betrogener sehr ergreifend seinem Schmerz Ausdruck verleihen. Rachele Stanisci hätte der Regisseur dringend ihre darstellerisch schrecklich anmutenden, manieristischen Gesten austreiben müssen. Sie verfügt als Amelia über einen manchmal anstrengend klingenden Sopran. Sandra Pastrana als Page Oscar besticht mit flexiblen und reinsten Koloraturen. Mariana Pentcheva ist die stimmliche Urgewalt einer Ulrica, die auch alle nur erdenklichen Tiefen ausloten kann, aber auch mit reichem Vibrato singt. Solide sind Gianpiero Ruggeri und Giacomo Selicato als Verschwörer sowie der Chor des Hauses, der von Paolo Vero machtvoll und präzise einstudiert wurde.

Das Orchester des Teatro Verdi unter dem stets befeuernden Gianluigi Gelmetti weiß trotz vielfach zu flotter Tempi, worunter teils die lyrischen Stellen etwas leiden, den Strom blühender Melodien, die jeder Figur zugeordnet sind, mitreißend und glutvoll zu musizieren.

Und es ist auch hier in Triest eine schöne Tradition, den Sängern als Zeichen der Begeisterung am Ende einer Premiere Blumen von der Galerie regnen zu lassen. So auch diesmal, die meisten bekommt der Tenor.

Helmut Christian Mayer







Fotos: Parenzan