Fundus   Kommentar    Backstage     Medien     Medientipps     Kontakt     Impressum    Wir über uns  
   Dossier    Kleinanzeigen     Links     Facebook     Partner von DuMont Reiseverlag  
     

Fakten zur Aufführung 

THE VOYAGE
(Philip Glass)
30. April 2011
(Deutsche Erstaufführung)

Theater Trier


Points of Honor                      

Musik

Gesang

Regie

Bühne

Publikum

Chat-Faktor


Rezensionen-Archiv

Aufführungen nach Name
Aufführungen nach Ort


 
 

zurück       Leserbrief

Reisen in die Hoffnung

Eine space-crew ist auf der Suche nach neuen Zielen; Christoph Columbus bricht auf zu fremden Welten: Philip Glass (Libretto David Henry Hwang) erzählt bruchstückhaft von der Menschheitssehnsucht nach Fortschritt, Menschlichkeit, spiritueller Erfüllung, trivialen Symbolen - mit den gescheiterten, aber dennoch fortdauernden Hoffnungen, ironiefrei (kein Candide, der nach seinen mörderischen Weltreisen seinen heimatlichen Garten pflegt).

Man muss wissen: Die Glass-Oper wurde 1992 an der Met uraufgeführt – vor allen technischen, geistigen und ökonomischen Desastern – und wurde, zeithistorisch korrekt, erst 2010 in Linz wiederentdeckt.

Birgit Scherzer gelingt im äußerst lebendigen Theater Trier eine geradezu hinreißende Wieder-Auferstehung eines als anachronistisch vergessenen Stücks Welttheater: Ambivalent-zukunftsverpflichtete „Helden“ durchleben kritische Situationen, agieren vor einem wechselnd begleitenden „Volk“ und einer Tanzcompagnie, die innere Emotionen in Bewegung umsetzt. Dabei korrespondiert das Bühnengeschehen in phantasievollem Ideen-Reichtum mit der ästhimierenden Minimal Music!

Knut Hetzer baut kommunikative Räume auf die Drehbühne: hängende Kapseln vor gezielt rotierendem Rundhorizont, variabel illuminiert durch Dia- und Overheadprojektionen von Susanne Schulze; Alexandra Benteles verfremdenden Kostüme unterstreichen den so assoziationsreichen Duktus dieser hoch-spektakulären Aufführung!

Mit Claudia-Denise Beck ist ein dramatischer Sopran als Isabelle zu hören, der sicherlich eine große Zukunft bevorsteht; Joana Caspar gibt den Commander mit überzeugender stimmlicher Adäquanz zur hochkomplexen Minimal-Music – beeindruckend im intensiven Spiel, souverän in den geforderten sängerischen Herausforderungen! Svetislav Stojanovic als Scientist vermittelt mit stupender Intonation die Hybris wissenschaftlicher Arroganz; Alexander Trauth ist mit dröhnendem Bass-Bariton ein brachial-bestimmter Columbus – mit darstellerischer Variabilität.

Bewundernswert die stimmliche Kompetenz des Trierer Ensembles mit Evelyn Czesla und Carlos Aguirre als vehement intonierende Space Twins sowie Vera Ilieva und Pawel Czekala als souverän artikulierende Earth Twins mit nachhaltiger darstellerisch-stimmlicher Präsenz – dazu die zuverlässigen David Scherzer und Rene Klötzer als Columbus-Double und Einsamer.

Dann der Chor: Kollektiv in den „minimalistisch-angepassten“ Bewegungen, überzeugend im präzisen Singen (Leitung: Angela Händel).

Valtteri Rauhalammi leitet das ungemein konzentrierte Philharmonische Orchester der Stadt Trier zu einer überzeugend-authentischen Demonstration der Variabilität der Minimal-Music: perfekt in den so komplizierten permanenten Einsätzen, eloquent in den Wechseln der Instrumente, dramatisierend in den Tempi und der frappierenden Dynamik.

Im Theater Trier versammelt sich ein hochkonzentriert hörendes und schauendes Publikum: begeisterter Applaus schon zur Pause - und der intensiv-zustimmende Schlussapplaus wäre bei einer raffinierteren Applaus-Ordnung erheblich länger ausgefallen!

Das Theater Trier – auf alle Fälle – wird mit diesem Coup zu einem Highlight auf der Opern-Landkarte!

Franz R. Stuke

 







Fotos: Friedemann Vetter