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Fakten zur Aufführung 

MESSIAH
(Georg Friedrich Händel)
16. März 2012
(Einmalige Aufführung)

Universität Stellenbosch


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Religiöse Bindungen

Gespannt warten die vorwiegend älteren Zuhörer im Konzertsaal der Universität Stellenbosch auf den Einsatz. Piano, nein, eher zögerlich und unsicher setzen der große Chor und ein kleines Orchester die ersten Töne, es fehlt an Spannung.

Das Oratorium Messiah mit Szenen aus dem Leben Christi hat Händel ursprünglich für etwa 40 Choristen und 40 Instrumentalisten komponiert. Der Musikeraufwand ist im Laufe der Aufführungsgeschichte immer weiter gesteigert worden und soll mit einer Aufführung 1857 in Boston mit rund 10.000 Sängern und 500 Instrumentatlisten seinen Größenrekord erreicht haben.

Die Aufführung in Stellenbosch kommt mit etwa  90 Sängerinnen und Sängern aus, das Orchester ist verkleinert, um die 30 Musiker aus dem Philharmonischen Orchester der Universität wirken mit. Die Aufführung findet in englischer Sprache statt, entsprechend dem Original von 1742.

Von einem solchen Chor, in dem sich der Kirchenchor der Dutch-reformed Church und zahlreiche Studenten zu einem großen, relativ jungen Projektchor vereinigen, erwarten die Zuhörer einen vollen, stabilen und raumfüllenden Klang. Aber Louis van der Watt, der Dirigent, hat alle Mühe, den Chor zu einem selbstbewussten Auftritt und das Orchester zu vollem Einsatz zu motivieren. Erst beim  And we shall purify... findet der Chor zu einer sicheren Intonation und kann der Musik Händels die ihr innewohnende Spannung geben. Auch das Orchester hat sich nun "eingespielt". Die Trompeten im Satz The trumpet shall sound und der mächtige Schlusschor Worthy is the Lamb gelingen dann überzeugend.

Mit Vanessa Tait-Jones, Minwette do Toit-Pearce, Thomas Erlank und Barend van der Westhuizen hat van der Watt vier klassisch ausgebildete und erfahrene Solisten zur Seite. Allerdings sind die Frauenstimmen ihren männlichen Partnern in Ausdruck und Musikalität deutlich überlegen. Tait-Jones' Sopran und Toit-Pearces Alt bereichern mit klangvoller Wärme und in allen Tonlagen ausdrucksstarken Stimmen, Erlanks Tenor und besonders van der Westhuizens lyrischer Bariton bleiben hinter den Ausdrucksstärken dieser Partien zurück. Beim mächtigen Hallelujah gegen Ende des zweiten Teils erheben sich die Zuhörer, einem alten britischen Brauch folgend, von ihren Sitzen. Wie vor gut 250 Jahren zollen sie damit  Christus als dem König der Könige ihren Respekt. Im Schlusschor Worthy is the Lamb vereint  van der Watt Chor und Orchester zu einem überzeugenden Klangbild und endet in einem effektvollen Schlussakkord.

Mit dem Messiah beginnt Händel gegen 1741 in London eine neue Schaffensphase, in der er sich mit mehreren Oratorien einem veränderten Publikumsgeschmack der Londoner Gesellschaft anpasst, nachdem die lange Zeit beliebten italienischen Opern ihren Höhepunkt überschritten haben. Die neuen, auf Texten aus dem Alten und erstmals auch dem Neuen Testament beruhenden religiösen Kompositionen finden bald begeisterte Zuhörer, und Händel kann sich über neue Erfolge - und Einnahmen - freuen.

Die Messiah-Aufführung in Stellenbosch hat sowohl musikalisch als auch in der Zuhörerreaktion eine besondere Färbung, die wohl in den engen Beziehungen der Dutch-reformed Church zu diesem Werk und ähnlichen religiösen Werken begründet ist. Sie sind nicht nur beachteter Teil des örtlichen Musiklebens, sondern Ausschnitt eines Gemeindelebens, mit dem sich die Gemeinde der Öffentlichkeit zuwendet. Sie zeigt damit auf ihre Weise, dass Händels Musik, hier sein Messiah, sowohl musikhistorische wie aktuell christliche Elemente enthält, die die Zeit überdauert haben - zumindest für einen Teil der Bevölkerung in Südafrika.

Horst Dichanz, z.Zt. Stellenbosch