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Fakten zur Aufführung 

FALSTAFF
(Giuseppe Verdi)
26. Oktober 2013
(Premiere am 20. Oktober 2013)

Staatsoper Stuttgart


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Doch nur ein grober Klotz

Stuttgarts Beitrag zum Verdi-Jahr mit dessen spätem Meisterwerk Falstaff fällt einigermaßen irritierend aus. Andrea Moses, geschätzte Hausregisseurin, stellt die Figuren, egal ob Männlein oder Weiblein, eher eindimensional dar. Sir Falstaff und seine Kumpane saufen, was das Zeug hält, der Kneipenwirt säuft mit. Dieser Falstaff wird auf die komische Buffo-Figur reduziert, während Geist und Witz, die in diesem heruntergekommenen Pseudo-Lebemann ebenfalls angelegt sind, unter den schäbigen Wirtshaus-Tisch fallen. Auch die Frauen beschränken sich aus das Eine oder Andere, was Männern so gefällt: Koketterie und Korsage, doch dann Rachedurst aus verletzter Eitelkeit. Denn hätte, hätte, hätte dieser Ritter nur einer einzigen Frau ein schmachtendes Briefchen geschrieben, dann könnte das Glück gelingen, zählt doch ein Titel mehr als halbwegs sichere Bürgerlichkeit. So aber gerät er ins intrigante Getriebe und landet im Abwasserkanal. Klischees werden auch bedient, wenn Celentanos Azzurro eingespielt wird, obwohl der Windsor-Park doch eher in England liegt.

Sylvain Cambreling, musikalischer Chef in Stuttgart mit einer exzellenten, beruflichen Vita, gibt den musikalischen Takt vor, wenn er Verdis Musik „Leichtigkeit, hohe Virtuosität, Zartheit und Melancholie“ attestiert. Wie geschrieben, so solle auch gespielt werden. Doch das Staatsopernorchester nähert sich unter seiner Leitung klanglich eher der Inszenierung an, weil ein gröberes Strickmuster verwendet wird. Mehr plakativ als durchgezeichnet hört sich das an, wenn die Protagonisten im Enge simulierenden Bühnenraum antreten, den Jan Pappelbaum aus verschiebbaren Holz-Lamellen-Wänden konstruiert hat. Anna Eiermann kleidet die Herren recht schäbig, die Frauen dürfen sich in einem gewissen Appeal gefallen, der zeigt, dass sie ihre besten Jahre schon hinter sich haben. Das mag zwar der Inszenierungsidee dienen, wirkt aber doch verengt.

Mit Albert Dohmen sollte einer der großen Heldenbaritone unserer Zeit in der Titelfigur glänzen, doch hört man bei ihm mehr Wotan als Falstaff. Christiane Iven verfügt als Alice Ford über exzellente Mittellage und einige grelle Spitzen. Als Töchterchen Nannetta gefällt Mirella Bunoaica mit Liebreiz in Ausstrahlung und Stimme; ihr Schmusejüngling Fenton ist bei Atalla Ayan in bester lyrischer Tenor-Kehle. Der dämliche Ehemann Ford wird von Gezim Myshketa mit viel kerniger Substanz ausgestattet; als Falstaffs Mitsäufer aus der Kneipen-Gosse sind Torsten Hofmann und Roland Bracht sehr gute Darsteller/Sänger, während Sophie Marilley die Mit-Briefempfängerin Meg schrill zeichnet. Hilke Andersen, die intrigante Mrs. Quickly, hat eine formschöne Altstimme und setzt hüftwackelnd Formen ein. Dr. Cajus wird von Heinz Göhrig als Gelackmeierter gut verkörpert, und Maarten Güppertz, der Wirt im „Hosenband“-Gasthaus, hat spürbar Spaß an seiner stummen Rolle.

Das Publikum reagiert mit vielen Bravo-Rufen auf eine eher zwiespältig anmutende Produktion; die bodenständigen Schwaben lieben ihr Haus.

Eckhard Britsch

Fotos: A. T. Schaefer