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Fakten zur Aufführung 

DIE HOCHZEIT DES FIGARO
(Wolfgang Amadeus Mozart)
26. Oktober 2012
(Premiere)

Staatstheater Schwerin


Points of Honor                      

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Eifersucht und Melancholie im Schloss

Dieses Bühnenbild macht neugierig: Hohe, leere Türrahmen leuchten in Scharlachrot vor einem schwarzen, später auch hellen Hintergrund, werden ergänzt durch bühnenhohe, ebenfalls leuchtende Schals, sie geben viel Raum und lassen die „Phantasiefinger“ spielen. Die rot leuchtenden Rahmen deuten mal die Gemächer von Graf und Gräfin an, begrenzen einen Festplatz oder lassen verschiedene Fluchtwege bei den nächtlichen Verwirr- und Verwechselspielen erahnen – geschickt, effektvoll, modern. Susanne Richter bedient sich für die Bühnenausstattung und die meisten Kostüme eines kräftigen, effektvollen Schwarz-Rot-Kontrastes, den sie vielfältig wiederholt. Auch bei den einmal in gedeckten Farben gehaltenen Kostümen oder der in kräftigen Grundtönen leuchtenden Ausstattung gelingt Richter trotz einer gewissen Anlehnung an historische Gewänder ein elegant modernes Outfit des Stückes.

Das Staatstheater Schwerin spielt - in der Opernszene zur Zeit eher unüblich - seine Figaro-Aufführung in deutscher Sprache, ohne Übertitel , dank einer durchweg sorgfältigen Sprache der Sänger gelingt das gut. Mit der deutschsprachigen Aufführung will das Theater seinem vorwiegend silbergrauen Publikum entgegen kommen. Den Opernchor des Staatstheaters hat Ulrich Barthel bestens vorbereitet, die Chorstücke sind dynamisch und stimmungsvoll und passen sich gut in die Aufführung ein. Daniel Huppert leitet die Staatskapelle Schwerin und führt sie durch romantische Streicher- oder Holzbläserpassagen ebenso sicher wie durch klangreiche Tutti-Passagen . Mancher Besucher mag sich etwas mehr Temperament für Mozarts fröhliche Musik gewünscht haben.

Die Gesangsrollen bringen durchweg Partien auf hohem Niveau. Remo Tobiaz als Graf Almaviva gibt seiner Figur mit kräftigem, füllenden Bariton und einer lässig-arroganten Anlage einen modernen Anstrich, der die Nuancen der Rolle glaubhaft trägt. Seine Gemahlin, Gräfin Almaviva, wird von Márta Kosztolányi stimmlich und darstellerisch überzeugend auf die Bühne gebracht. Ihr gelegentlich freudloses Spiel trägt zum melancholischen Zug der Aufführung bei. Stimmlich kann sie ohne Probleme mit leuchtendem Sopran neben der anderen weiblichen Hauptrolle der Susanna bestehen. Diese bringt Stamatia Gerothanasi mit viel Temperament und Bewegung ins Spiel. Mal koboldhaft spritzig, mal verliebt-versonnen romantisch macht sie Susanna in dieser Figaro-Inszenierung mit viel Spiellust und einem fröhlichen Sopran zum Angelpunkt der Aufführung. Ihr dramaturgisches Gegenüber Sebastian Kroggel als Figaro hat Schwierigkeiten, neben diesem Temperamentbündel zu bestehen. Erst im letzten Akt kann er eine gewisse Steifheit ablegen, dann überzeugt sein Bass-Bariton mehr als in manchen vorherigen Szenen. Constance Heller in der Rolle des Cherubino bringt das Publikum mit Spielwitz und frechem Mezzosopran wiederholt zu Szenenapplaus. Igor Storozhenko als Bartolo und Petra Nadvornik als Marcellina ergänzen das Sängertableau mit Qualität, Katrin Hübner in der Rolle der Barbarina zeigt einen klaren, schlanken Sopran.

Als unmittelbare und hauseigene Konsequenz aus den verordneten Sparauflagen des Landes Mecklenburg-Vorpommern besetzt das Staatstheater Schwerin diese Figaroaufführung ausschließlich aus dem eigenen Ensemble und bringt eine gelungene Aufführung auf die Bühne, die mit Spielfreude und guten Stimmen überzeugt. Das verdient hohe Anerkennung.

Den augenblicklich zu beobachtenden Regieansätzen fügt Peter Dehler mit seiner Schweriner Inszenierung eine weitere Variante der Interpretation hinzu: Kein Revoluzzerstück, keine Gesellschaftskritik, keine wärmende Romantik; ein von Melancholie in den Rollen gekühlter Figaro spielt von Liebe und Leid an der Grenze von Komödie und Tragödie, was den Zuschauern aber gefällt. Sie bedanken sich mit anhaltendem Beifall und einigen Bravo-Rufen für eine tolle Leistung des Hausensembles.

Horst Dichanz

Fotos: Silke Winkler