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Fakten zur Aufführung 

ORFEO ED EURIDICE
(Christoph Willibald Gluck)
23. Januar 2014
(Premiere)

Salzburger Mozartwoche,
Haus für Mozart


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Musik

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Liebe mal wieder stärker als der Tod

Und wieder geht es um die Liebe, aber auch um den Tod. Ewig wiederkehrende Themen in der gesamten Kunst, so auch im Genre Oper. Ganz intensiv zu finden in der Azione teatrale Orfeo ed Euridice von Christoph Willibald Gluck, dessen 300. Geburtstag es heuer zu feiern gilt. Das haben auch die Salzburger Mozartwochen erkannt und setzen das Hauptwerk des weithin richtungweisenden Opernreformators auf den Spielplan ihres rund um Mozarts Geburtstag im Januar stattfindenden Festivals.

Und der Tod ist hier omnipräsent. Von der Regie als Person hinzugefügt und vom Schauspieler Uli Kirsch in einer stummen, aber sehr aktiven Rolle emphatisch dargestellt, wird er bei dieser Inszenierung als der Strippenzieher und Gegenspieler von Amor gezeigt. Von Anfang an greift er ins Geschehen ein und lässt Euridice schon bei den ersten Tönen der Ouvertüre niederstürzen und sterben. Dann scheint er die schöne Frau besitzen zu wollen: Er streichelt sie als Tote, hält sie im Schattenreich immer wieder umschlungen und tanzt sogar mit ihr eng umschlungen wie ein Liebhaber. Eifersüchtig und gewalttätig will er das Eintreten von Orpheus in den Hades wie auch die Rückkehr der Eurydike ins Leben verhindern. Immer wieder will er auch Orpheus mit Gewalt dazu bewegen, seine Geliebte endlich anzusehen. Zunächst scheint er zu siegen, denn Orpheus verliert Eurydike zum zweiten Mal. Aber dann siegt doch die Liebe, weil der letztlich doch stärkere Amor, ein weiterer schicksalhafter Strippenzieher, erweckt Euridyke nochmals zum Leben. Amor führt zum lieto fine die Geliebten zusammen, bürdet dem Tod unsere Weltkugel auf die Schultern, worunter dieser zusammenbricht.

Sehr symbolhaft, vielleicht aber doch nicht die originellste Sichtweise; jedoch gelingt dem französischen Regisseur Ivan Alexandre damit eine ungemein feinsinnige und den Zuschauer intensiv berührende Inszenierung. Die Figuren hat er zwar nicht allzu bewegungsfreudig, aber dafür alle sehr liebevoll und detailreich ausgeformt.

Sehr ästhetisch und geschmackvoll sind die Bühnenbilder und Kostüme von Ausstatter Pierre-André Weitz. In schnell sich verengender Perspektive werden sieben, immer kleiner werdende Bilderahmen, die die einzelnen Zwischenwelten dieser mythologischen Geschichte zwischen Elysium und Hades darstellen sollen, vorgestellt. Suggestive Schattenbilder und ein goldenes Bild unseres Sonnensystems im sonst eher düsteren Licht vervollkommnen den positiven Eindruck.

Mehr als positiv, sondern geradezu ein Glücksfall ist Bejun Metha als griechischer Sänger: Mit berückender Schönheit, sensibler Schwerelosigkeit und fassettenreicher Differenziertheit im Ausdruck erklingt sein Countertenor. Er ist ein Orpheus zum Niederknien! Ebenfalls sehr einfühlsam hört man Camilla Tilling in der kleineren Partie der Euridice. Ana Quintans singt den Amor sehr flexibel. Wunderbar differenziert klingt auch der Salzburger Bach-Chor, der von Alois Glaßner sehr sicher einstudiert wurde und teilweise aus kleinen, seitlichen, schwarzen Bühnenaufbauten singt.

Als weiterer Glücksfall erweist sich Marc Minkowski, dessen Vertrag soeben um zwei Jahre verlängert worden ist, und „seine“ Musiciens du Louvre Grenoble, die diesmal mit Musikern des Mozarteum-Orchesters vereint spielen. Es erklingt die reine Wiener Urfassung der Reformoper von 1762 ohne irgendwelche Zutaten aus der späteren Pariser Fassung: Mit großem Verve, aber auch Sensibilität erreicht er bei den auf Originalinstrumenten spielenden Musikern aus dem höher gefahrenen Graben lebendige Frische und enormen Drive, farbenreiche, betörende, teils feinste aquarellfarbige Klangmischungen und subtile Piani.

Riesenjubel im Publikum für eine rundum gelungene Produktion, die später nach Grenoble und nach Bremen übersiedeln wird, und die, wie anfänglich von Minkowski verkündet, dem kürzlich verstorbenen großen Dirigenten Claudio Abbado, der ja bekanntlich mit Salzburg und auch mit der Mozartwoche stark verbunden war, als schöne Geste gewidmet ist.

Helmut Christian Mayer

Fotos: Matthias Baus