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Fakten zur Aufführung 

MACBETH
(Giuseppe Verdi)
6. August 2011
(Premiere 3. August 2011)

Salzburger Festspiele, Felsenreitschule


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Zu schön, um wahr zu sein

Nach der einhelligen Zustimmung des Publikums für die  Premiere war die zweite Macbeth-Vorstellung wohl die bislang gefragteste Opernvorstellung der Salzburger Festspielsaison. Endlich einmal wieder keine konzeptuell fragwürdige oder verkopfte Inszenierung von Altmeister Peter Stein und musikalischer Höchstgenuss unter der Stabführung von Riccardo Muti wirkten verlockend.

Muti und Stein haben sich im Vorfeld ausgiebig über die Realisierung dieses Projektes als gemeinsamer Herzensangelegenheit ausgetauscht. Muti bestand  auf der Beibehaltung der Ballettmusik, die in Salzburg nun nach einem sehr kurzen zweiten Akt und seltsam überflüssiger zweiter Pause als Orchestervorspiel zum dritten Akt zu hören ist – allerdings ohne dass dazu optisch außer wechselndem Farbenspiel auf der Felsenreitschulwand irgendetwas geboten würde.

Die Sparsamkeit der szenischen Realisierung liefert dann auch den Stein des Anstoßes, der diesen Abend doch nicht zum vollkommen beglückenden Opernerlebnis werden lässt.

Die Idee des Regisseurs, mit Schauspielern die Hexenszene wider dem Shakespeareschen Original nachzubilden und die Frauenchöre als beweglichen Wald  zu inszenieren, ist wunderbar und liefert einen vielversprechenden Einstieg. Dann allerdings fällt die Inszenierung rapide in den Bereich der semi-konzertanten Aufführung. Eine schwarze Tür, an deren Rahmen sich dekorativ abgestützt werden kann als Symbol für das Schloss Macbeths bleibt lediglich Auf- und Abtrittsort der Protagonisten. Die mittelalterlichen Ritterkostüme von Annamaria Heinreich wirken in diesem puristischen Rahmen von Bühnenbildner Ferdinand Wögerbauer mehr wie  Disneyland-Kitsch, und die Solisten erscheinen in ihren dramatischen Gesten eingeschränkt stereotyp – alleingelassen im Lichtkegel des Scheinwerfers (Licht Joachim Barth) und etwas verloren auf der riesigen Bühne.

Akustisch und musikalisch lässt die Produktion keine Wünsche offen. Aufs Feinste hat Muti die Wiener Philharmoniker im Graben abgestimmt, auch die Chöre folgen seinen klaren Gesten genauestens. Elastisch und leichtfüßig klingt dieser Verdi trotz aller Düsterkeit des Stoffes, bis die Musik sich im letzten Akt mit finaler Dramatik in den Chorszenen immer gewichtiger aufbäumt.

Die Sänger bieten bis in die kleinsten Rollen hervorragendes Niveau. Tatiana Serjan verfügt vom dunklen Brustton bis zur koketten Koloratur über eine erstaunliche Vielfalt an stimmlichen Facetten und bleibt bei aller Dramatik ihrer Figur stets einem runden, samtigen Klang mit dem für diese Partie nötigen  Metallkern verbunden. Macbeth Zeljko Lucic ist, abgesehen von der Schönheit seines Instrumentes, ebenfalls ein Meister in der Pianogestaltung wie auch im geschickten Aufbau der großen dramatischen Passagen. Giuseppe Filianoti hat als Macduff einen der szenisch plakativsten Momente für seine berührende Arie, da Peter Stein das vom Krieg geschundene, klagende Volk in dekorative Lumpen gehüllt zwischen Publikum und  Orchestergraben auftreten lässt und die Bühne frei ist für die blutigen Körper von Macduffs getöteter Familie.

Nach dem plötzlichen Tod der Lady wird von der zweiten Pariser Fassung auf die erste Fassung des Werkes gesprungen, um Macbeth einen angemessenen Bühnentod zu ermöglichen. Insgesamt ergibt sich jedoch szenisch ein inhomogener Aufbau mit einer Ballung von Aktion am Ende und zäher Einfallslosigkeit im Mittelteil. Abgesehen davon, dass einige Szenen, wie die Erscheinungen der Toten aus umnebelten Versenkungen mehr wie Geisterbahnspuk zum Lachen reizen, anstatt das Grauen, das Macbeth dabei erfährt, bildlich zu untermauern.

Aufgrund der exzellenten musikalischen Darbietung gibt es am Ende großen Jubel für alle Beteiligten, Tatiana Serjan kann an diesem Abend von den Solisten die meisten Bravorufe entgegennehmen, der eigentliche Star dieser Produktion ist jedoch Maestro Riccardo Muti dank seiner durchdachten und energisch durchgesetzten Interpretation, von der in Bezug auf die  Regie nicht wirklich die Rede sein kann. Das scheint  einem regiemüden Publikum wohl momentan gerade recht zu sein.

Ingrid Franz







 
Fotos: Silvia Lelli