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Fakten zur Aufführung 

DON GIOVANNI
(Wolfgang Amadeus Mozart)
29. Oktober 2011
(Live-Übertragung aus New York)

Cineplex Salzburg


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Nicht gut ist immer noch gut

Kaum zu glauben, aber wahr: Zum ersten Mal wird eine Oper von Mozart bei den erfolgreichen Live-Übertragungen aus der Met im Kino gezeigt. Auf der einen Seite sicherlich ein deutliches Zeichen für ein ausgeglichenes Repertoire, auf der anderen Seite war eine Oper wie der Don Giovanni längst überfällig – auch wenn die Aufführung letztendlich hinter den Erwartungen zurück bleibt, was nicht an Bild und Ton liegt, denn bis auf ein paar verwackelte Bilder gelingt die  Kameraführung recht gut.

Immer noch legt man an "der Met" Wert auf eher traditionelle Sichtweisen, doch ist die Inszenierung von Michael Grandage vor allem ein nettes Arrangement von  schönen Bildern. Damit ähnelt seine Sichtweise ein bisschen dem Bühnenbild von Christopher Oram. Auf den ersten Blick sind seine drei hohen Hauswände mit spanischen Fensterfronten spektakulär, zumal man sie schnell zu neuen Räumen verschieben kann. Doch der Effekt nutzt sich mit Dauer der Aufführung ab, und übrig bleibt nur die dekorative Eingrenzung. Optischer Coup ist zumindest die Friedhofsszene mit Mausoleum-Charakter und die Höllenfahrt, wo unter dem trotzigen Verführer im wahrsten Sinne des Wortes der Boden aufbricht und Giovanni in wilden Flammen verschwindet.

Überflüssig ist das Ballett, das erst für Zerlinas Hochzeit und dann für das Finale des ersten Aktes aufgeboten wird. Bei der Hochzeit ist die Feier somit eher künstlich gestellt, beim Finale ist der Zeitpunkt falsch gewählt, bittet doch Don Giovanni ausdrücklich um eine Tanzpause und die Untertitel lassen daran keinen Zweifel aufkommen. Dazu fehlt der Personenführung von Grandage viel Feuer, das man aus dem genialen Worten von DaPonte heraushört. Da bedarf es schon zweier Darsteller wie Mariusz Kwiecien und Luca Pisaroni, um das spannungsgeladene Beziehungsgeflecht zwischen Don Giovanni und Leporello zu offenbaren. Der polnische Bariton Kwiecien ist nach einer Rückenoperation noch nicht so auskuriert, wie er gerne hätte und erreicht vokal nicht ganz das Niveau, das man von ihm kennt. Ausgerechnet bei La ci darem la mano versagen ihm die stimmlichen Verführungskünste im Mezza Voce den Dienst. Doch sein Einsatz wird belohnt, und er liefert sich mit dem düsteren Komtur von Stefan Kocan ein packendes Finale. Wie gut wäre dieser Sänger erst in Bestform gewesen?

So ist Luca Pisaroni der Held des Abends. Er bietet eine fantastische Stimme, dazu eine blendende Erscheinung, kombiniert mit unglaublich präziser Mimik und Gestik. Jedes Wort bekommt seine passende Betonung. Da er in seiner Landessprache singt, kann er singen, knurren, flunkern und plappern, ohne dass sich irgendetwas davon falsch oder künstlich anhörte. Eine grandiose Leistung!

Neben ihm ist Marina Rebeka der weitere Star des Abends. Ihre Donna Anna wirkt jung und macht deutlich, warum sie am Ende um ein Jahr Aufschub der Hochzeit bittet. Die Erfahrungen, die sie vor allem um sich selbst gemacht hat, brauchen Zeit um verarbeitet werden zu können. Die Sopranistin untermauert diese Sicht mit glasklarem, technisch sehr sicherem Sopran, bei dem man in der Höhe immer das Gefühl hat, dass sie noch höher hinaus kann. Barbara Frittoli hingegen enttäuscht vor allem im ersten Akt mit müder Stimme und braucht einige Zeit bis sie sich ebenfalls als Grande Dame präsentieren kann. Ihr emotionales Mi tradi entschädigt für den ersten Akt. Ramon Vargas bemüht sich sichtbar darum, den Don Ottavio szenisch aufzuwerten, um ihm nicht dem Klischee des Verlierers preiszugeben. Das gelingt nur bedingt, da Vargas in den ruhigen Momenten die Spannung und somit an Ausstrahlung verliert. Vokal trüben einige Patzer im Tonansatz eine ansonsten tadellose Leistung. Auch ihm gelingt der zweite Akt besser als der erste.

Bei Mojica Erdmann fällt zunächst die etwas dünne Stimme auf, vor allem wenn sie die Führungsstimme an ihren präsenten Masetto, gesungen von Joshua Bloom, verliert. Doch ihr schönes Timbre passt perfekt zu der Rolle und wird von den Mikrophonen gut eingefangen.

Wie die Regie kann auch Dirigent Fabio Luisi den Drive des Werkes nur selten entfachen. Das Metropolitan Opera Orchester spielt klangschön wie immer, taucht aber nicht ansatzweise so tief wie üblich in Materie ein. Da hört man vor allem in der Funktion der Sängerbegleitung viele schöne Momente, doch das Packende und Abgründige bleibt verborgen.

Nach einigen Live-Übertragungen aus New York ist der Zuschauer ein gewisses Maß an Qualität gewohnt und registriert zumindest, dass in dieser Aufführung nicht ganz so erstklassig musiziert wird. Unterm Strich bleibt aber bei allen Kritikpunkten die Erkenntnis, dass selbst eine nicht wirklich gute Live-Übertragung der Metropolitan Opera immer noch gut ist.

Christoph Broermann






 
Fotos: Metropolitan Opera