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Fakten zur Aufführung 

Kyberiade
(Krzysztof Meyer)
25. Mai 2013
(Premiere)

Teatr Wielki Poznan


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Erstaunliche Wiederaufführung

Im kommenden August begeht der polnische Komponist und Musikwissenschaftler Krzysztof Meyer seinen 70. Geburtstag. Der gebürtige Krakauer, der nach seinem Studium bei Nadia Boulanger zunächst über zwanzig Jahre Dozent in seiner Heimatstadt war, ist in Deutschland kein Unbekannter. Von 1987 bis 2008 lehrte er in Köln an der Musikhochschule Komposition, und in Wuppertal wurden nicht nur seine beiden Bühnenwerke Kyberiade und Die verzauberten Brüder aufgeführt, sondern auch die von ihm vollendete Schostakowitsch-Oper Der Spieler. Über Schostakowitsch hat er eine viel beachtete Biografie verfasst.

Ein besonderes Geschenk im Voraus machte Meyer das Teatr Wielki in Poznan, wo die neue Intendantin Renata Borowska für frischen Wind sorgt. Es spielt wagemutig erstmals nach der Uraufführung die Kyberiade und bündelt für das Unternehmen alle Kräfte. Denn der Dreiakter ist nur mit einigem Aufwand zu realisieren.

Er geht auf eine Science-Fiction-Erzählung von Stanisław Lem zurück. In einem Königreich der Zukunft hat ein Ingenieur im Auftrag der Herrscherin drei fabulierende Roboter gebaut, deren Geschichten sie von ihrer Schwermut befreien sollen. Doch sie handeln von Machtgier, erotischen Obsessionen und technischer Unvollkommenheit. Mit dem Fazit, dass Wahrheit und Klugheit beim Fortschrittsdenken nicht fehlen dürfen. Das nur schwer beschreibbare Werk plausibel auf die Bühne zu bringen, ist eine szenische Herausforderung, die Ran Arthur Braun in seiner erst dritten Regiearbeit - bisher galt er vornehmlich als Spezialist für Bühnenkampfszenen - erstaunlich brillant meistert. Ihm gelingt es, die märchenhaften und utopischen Stränge einleuchtend zu verbinden. Dafür brennt er ein Feuerwerk voller Ideen ab, lässt Astronauten und Luftballons durch die Luft schweben, sprechende Puppen, Artisten und Tänzer auftreten, aber auch Anspielungen an totalitäre Strukturen mit einfließen, wenn etwa der einheitlich in symmetrische Kästen gesteckte Chor, der durch Homogenität und Klangschönheit beeindruckt, als entindividualisiertes Volk einmarschiert. Unterstützt wird Braun durch die kongeniale Ausstattung von Justin C. Arienti, die in Fantasie, Farben und Formen schwelgt. Das Ergebnis ist ein tolles Bühnenspektakel mit ernsten Untertönen, das überaus sehenswert ist. Genauso aber auch hörenswert. Denn der Dirigent Krzysztof Słowinski hat das hervorragend disponierte Orchester sorgfältig vorbereitet, so dass es Meyers stilistisch bunte, den Zuhörer nie überfordernde Musiksprache mit einer Leichtigkeit, Differenziertheit und rhythmischen Pointiertheit spielt, als wäre es ein Repertoirestück. Und auch die Koordination mit den auf der Bühne postierten fünf Schlagzeugbatterien klappt bestens. Das große Ensemble umfasst nahezu 20 Solisten.

Es spricht für die Leistungsfähigkeit der Oper Poznan, für alle Rollen vokal kompetente und darstellerisch wendige Sänger zur Verfügung zu haben. Um wenigstens einige von ihnen zu nennen: Wojciech Śmiłek füllt die Hauptrolle des Trull mit sonorem Bass und großer Präsenz aus. Marek Szymanski wie auch Karol Bochański als Könige Mandrilius und Zipperupus überzeugen gleichermaßen durch tenorale Prägnanz. Und Sylwia Złotkowska schenkt der Kyberhexe einen satten Alt.

Das aufgeschlossene Premierenpublikum amüsierte sich prächtig und dankte mit heftigem Applaus. Einen Einwand allerdings gibt es: Das hervorragend aufgemachte Programmheft und die Übertitelung sind nur in Polnisch verfasst. Das macht es den Zuschauern, die der Sprache nicht mächtig sind, gerade bei diesem Stück nicht immer leicht, dem Geschehen zu folgen und alle Bezüge zu verstehen. Da das Opernhaus Poznan sich aber zunehmend um Internationalität bemüht, sollten englische Begleitzettel bei derart unbekannten Werken zur Regel werden.

Karin Coper







Fotos: Katarzyna Zalewska