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Fakten zur Aufführung 

DON GIOVANNI
(Wolfgang Amadeus Mozart)
12. Oktober 2011
(Premiere am 8. Oktober 2011)

Theater Osnabrück


Points of Honor                      

Musik

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Mythische Leitbilder

Da schwenkt eine venezianische Maske den Weihrauch-Kübel vor geöffneten Türen mit ungenau erkennbaren Figuren der zivilisatorischen Mythologien – sie schließen sich, und das Spiel um Sex und Koma-Saufen beginnt.

Jan Friedrich Eggers verleiht einem enthemmten Giovanni bemerkenswert flexiblen Bariton, brilliert mit klarer Intonation, ist stimmlich variabel, vermittelt darstellerisch aggressiven Sex.

Genadijus Bergorulko ist ein Leporello im Stil eines geilen kölschen Jecken, beeindruckt stimmlich mit kernigem Bariton -  durchsetzungskräftig in den Herausforderungen, absolut stimmsicher in den Rezitativen!

Marie-Christine Haase ist eine Zerlina mit außerordentlich heller Stimme, sicher in den geforderten Phrasierungen – mit bezauberndem Timbre!

Marco Vassallis Masetto besticht durch klare Intonation, beherrscht die Variationen der Buffo-Partie par excellence.

Mark Sampson gibt dem Komtur – als schwarzer Kopf auf Giovannis Tafel – dräuende Schwärze.

Lina Liu – ein wunderbar klangsicherer Sopran – interpretiert eine kämpferische Donna Anna: beinah dramatisch!

Daniel Wagner überzeugt als durchaus selbstbewusster Ottavio mit kräftigem lyrischen Tenor, ohne ins Gefühlige abzuirren.

Mit Astrid Kessler ist eine ambivalent liebend-hassende Elvira zu erleben, mit einer faszinierend variationsreichen Stimme – interpretierend in den exaltierten Höhen, ungemein stimmkompetent  in den Lagen-Wechseln, ausdrucksstark in den emotionalen Tiefen!

Der Osnabrücker Opernchor unter Leitung von Holger Krause singt kollektiv untadelig, agiert eher statisch-formal.

Unter dem aufmerksam einsatzgebenden Hermann Bäumer entwickeln die Musiker des Osnabrücker Symphonieorchesters einen kräftig-transparenten Klang – treffen die mozartesken Stimuli quasi schwebender Imagination passagenweise par excellence – bestehen aber doch durchgängig auf einen eher konzertant-konsequenten Duktus, geprägt durch die stilistischen Widersprüche Mozarts: durchaus sängerfreundlich - und vor allem: mitreißend attraktiv!

Okarina Peters und Timo Dentlers Bühne stellt starre Monumente auf die Szene: Türme mit Straßenpflaster, Wände mit Türen: Alles abweisend-hermetisch, trotz effektiver Drehbühne wenig imaginativ, eher funktional für klischeehafte Auf- und Abgänge! Die Idee der "Altarbilder" will sich nicht vermitteln.

Na klar: Die Idee, den Giovanni als ewigen Provokateur  für die Mythologien unterschiedlicher Kulturen zu präsentieren, hat ihren Charme. Doch was Walter Sutcliffe daraus macht, entbehrt der erforderlichen Delicatesse. Und dass dieses Ekelpaket 2065 Mal "ehrlich verliebt" gewesen sei, bleibt eine unbewiesene provozierende Behauptung: Drastischer Sex ist konfrontiert mit einfallsloser Statik – und dem Regisseur fällt offenbar außer Hose aus und Hose an wenig mehr ein, als dass man ansonsten aufeinander einsingt – vor allem die Choristen lässt er allein.

Das geduldig-aufmerksame Osnabrücker Publikum lässt sich von Gesang und Musik beeindrucken - applaudiert heftig und langanhaltend den bravourösen Solisten und dem prima Orchester!

Franz R. Stuke








 
Fotos: Jörg Landsberg