Fundus   Kommentar    Backstage     Medien     Medientipps     Kontakt     Impressum    Wir über uns  
   Dossier    Kleinanzeigen     Links     Facebook     Partner von DuMont Reiseverlag  
     

Fakten zur Aufführung 

DIE WALKÜRE
(Richard Wagner)
26. Februar 2011 (Premiere)

Oldenburgisches Staatstheater


Points of Honor                      

Musik

Gesang

Regie

Bühne

Publikum

Chat-Faktor


Rezensionen-Archiv

Aufführungen nach Name
Aufführungen nach Ort


 
 

zurück       Leserbrief

Walküre im Fliegerhorst

Das Oldenburgische Staatstheater spielt seit Beginn dieser Spielzeit in einer Ausweichspielstätte, in der Halle 10 im ehemaligen Fliegerhorst am Rande der Stadt. Nun Richard Wagners Walküre im aufgegebenen Militärstützpunkt – eine Umgebung, die man als Inspiration nutzen könnte, den Kampf zwischen Götterwelt und Menschenwelt auf den Punkt zu bringen. Oder man geht den ganz anderen Weg und reduziert die Auseinandersetzung auf das Wesentliche. Für diese Möglichkeit entscheidet sich K. D. Schmidt, lässt sich von Henrik Ahr und Oliver Helf eine ganz nüchterne Bühne bauen, die lediglich aus drei beweglichen meterhohen Wänden besteht, bespannt mit einem hellen Stoff, der auch als Projektionsfläche für Videoeinspielungen dient. Zu einem nach vorn offenen Quadrat angeordnet, stehen diese Wände für Hundings Hütte, im zweiten Akt für ein (virtuelles) Heim, in dem Wotan und Fricka ein eher bescheidenes Dasein fristen, im dritten bieten sie nurmehr einen schlichten Hintergrund.

In dieser durchgehend kargen Landschaft geht es also nirgends um Äußerliches – umso mehr um die intensiven Beziehung der Figuren untereinander: Hunding-Sieglinde und Sieglinde-Siegmund, Wotan-Fricka und Wotan-Brünnhilde. In Wagners Musik, von Thomas Dorsch am Pult des Oldenburgischen Staatsorchesters mal kraftvoll-knackig, dann wieder lyrisch erzählend angelegt, spiegeln sich all diese Beziehungen. Diese auf der riesigen „Ersatz“-Bühne deutlich zu machen, in Richtung der Augen und Ohren des Publikums zu transportieren, gelingt den Protagonisten im Großen und Ganzen, auch wenn es da mitunter Durststrecken gibt. In Wotans langer Nacherzählung der Rheingold-Geschichte im zweiten Akt etwa, oder auch – und vor allem – in der Abschiedsszene Wotan/Brünnhilde im dritten Akt, die seltsam statisch wirkt. Ausdrucksstark dagegen Siegmunds „Winterstürme wichen dem Wonnemond“, zu dem eine Schaukel eingeblendet wird: zwei Kinder, Zwillinge, im friedlichen Miteinander. Eine eher verschenkte Chance dagegen der Walkürenritt: da sitzt der Tross aus acht Walküren auf Stühlen, auf dem Schoß verwundete Helden – eine achtfache Pietà. Beim finalen Feuerzauber, der so ganz ohne emotionales Knistern auskommt, macht die Regie das, was sie zuvor noch deutlicher hätte tun können: dem genius loci nachspüren. Hier tut sie es: die Bühne gibt sich als der Ort, der er immer schon war: ein Fliegerhorst!

Sängerisch hat diese Walküre ihre Meriten: Valérie Suty durchsteht die fordernde Partie der Sieglinde mit Bravour, gibt ihr die ihrer Stimme typische Färbung (die allerdings Geschmackssache ist) , wächst fast über sich hinaus in dem Augenblick, da sie mit Nothung, dem zerbrochenen Schwert vor Wotan flieht. Diesen Göttervater gibt Derrick Ballard mit profunder, raumgreifender Stimme und überzeugender Bühnenpräsenz. Wotans Gattin Fricka verkörpert Zdravka Ambric mit der nötigen Strenge und Unnachgiebigkeit, Andrey Valiguras ist ein Hunding mit gebieterischem Bass und sattem Klang, mit leichter Tendenz zum Unbehauenen. Rachel Tovey wird als leicht indisponiert angekündigt, gleichwohl schöpft sie als Brünnhilde aus ihrem großen Potenzial an Energie bis zum finalen Feuerzauber. Keinerlei Konditionsschwächen zeigt auch Christian Voigt als Siegmund, der mit seiner Stimme klug haushaltet, die unendlich langen „Wälse“-Rufe problemlos durchzieht und auch darstellerisch eine gute Figur macht. Was fehlt, um diese Walküre zu einem ganz großen Opernabend zu machen, ist die intensive Spannung, ist das Transportieren wirklich durchlebter Gefühle von Angst und Misstrauen, von Scheitern, Verzweiflung und Trauer, die umso mehr ihre Kraft aus Darstellung und musikalischer Gestaltung entwickeln müssen, desto karger sich – wie hier – die Bühne gibt.

Das Premierenpublikum – wie so häufig in Oldenburg eine Mischung aus vielen jungen Leuten und den „klassischen“ Opernbesuchern - war konzentriert bei der Sache, feierte das Ensemble samt Orchester. Lediglich in den Applaus für das Regieteam mischten sich ein paar Buhrufe.

Christoph Schulte im Walde

 







 
Fotos: Hans Jörg Michel