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Fakten zur Aufführung 

SAMSON UND DALILA
(Camille Saint-Saëns)
25. März 2011
(Premiere: 15. Januar 2011)

Staatstheater Oper Nürnberg


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Liebe in Zeiten des Hasses

Jordanka Milkova fasziniert mit einer dramatisch-beweglichen Stimme, spannungsgeladen, geheimnisvoll erotisch im Ausdruck; als Revolutionärin im Trenchcoat wird sie als Dalila zur gescheiterten liebenden Verräterin. Andrea Carè gibt mit seinem kraftvoll-wandlungsfähigen Tenor einen Samson, der sich vom hemmungslosen Prediger und Kämpfer über den verführt leidenschaftlich Liebenden zum geopferten Rächer wird. Melih Tepretmez beeindruckt mit seiner kultivierten Stimme als Dagon-Oberpriester: gnadenlos hassend, rhetorisch von mächtiger Statur.

Das Nürnberger Ensemble beweist das außerordentlich hohe sängerische Niveau des ambitionierten Hauses – Vladislav Solodyagin als Abimelech; Daeyoung Kim als alter Hebräer; Richard Kindley als Kriegsbote. Martin Bordo verblüfft als arabischer Clown, der mit dem Erdkugel-Ballon spielt, wie weiland Chaplins Großer Diktator.

David Mouchtar-Samorai fokussiert das biblische Geschehen zwischen Hebräern und Philistern auf eine diffizile Liebesbeziehung in Zeiten des Hasses. Heinz Hausers Bühne wird beherrscht durch monströse Gitter-Gerüste: Elemente des Gefangenseins, deren Zusammenbruch allerdings durch die Projektion einer Explosionswolke dramatisiert werden muss. Urte Eickers Kostüme aktualisieren das Geschehen: palästinensische Accessoires versus israelische Alltags-Klamotten.

Und da liegt das Dilemma dieser Inszenierung: Polemische Parteinahme gegen ein Volk in Zeiten besseren Wissens – als ob Netanjahus Zustimmung erbeten wäre!

Christian Reuter leitet die ungemein präsenten Nürnberger Philharmoniker zu einer außerordentlich hinreißenden Saint-Saëns-Interpretation – imaginierende Crescendi, eruptive Ausbrüche, dramatisierende Tempo-Wechsel, intensiv-emotionale lyrische Passagen; allerdings bisweilen die Solisten auf der Bühne übertönend.

Mit vollem Einsatz: der Nürnberger Opernchor (Leitung Edgar Hykel) in beispielhaftem kollektiven Zusammenklang, individuell agierend (soweit die Regie das zulässt).

Die Vorstellung ist ein „Festabend der Opernfreunde“ - aber sie sind nicht allein im Opernhaus. Da finden sich auch Gruppen niedlicher Teenies, die man eher bei Justin Bieber vermuten würde: Aber da zeigt sich die Arroganz der Vorurteile - es herrscht gebannte Aufmerksamkeit, und am Ende bejubelnde Zustimmung für Sänger und Orchester!

Die Oper Nürnberg hat offensichtlich neue Fans gewonnen.

Franz R. Stuke

 







 
Fotos: © Ludwig Ohla