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Fakten zur Aufführung 

PETER GRIMES
(Benjamin Britten)
13. Januar 2012
(Premiere)

Theater Nordhausen


Points of Honor                      

Musik

Gesang

Regie

Bühne

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Innere Stürme

Das Meer als existenzielle Bedrohung:  Peter Grimes wird mit seinen rücksichtslos ausgebeuteten Schiffsjungen zum Außenseiter einer total hilflos-selbstaggressiven Dorfgesellschaft.

Toni Burkhardt inszeniert episch-verfremdend das Elend der Individuen unter äußerem Zwang, verdeutlicht den unausweichlichen Prozess der Selbstzerstörung mit gnadenloser Verdammung des Unangepassten, der unbegriffen gegen die immanenten Verhaltensregeln verstößt. Aus einem vermeintlichen Drama individueller Schuld wird die Tragödie einer „gefesselten“ Gesellschaft.

Entsprechend agieren die gequälten Protagonisten als Repräsentanten auswegloser Situationen. Brittens Oper wird zum gesellschaftlichen Paradigma – und damit bedeutungsvoll politisch.

Wolfgang Kurima Rauschning baut eine „sprechende“ Bühne mit charakteristischen Elementen der typischen Fischer-community – Glanzpunkt: ein Netz von Seilen mit fragilen Papier-Schiffchen.

Markus L. Frank leitet das kompetent eingestellte Loh-Orchester Sondershausen zu differenzierter Interpretation, akzentuiert die Befindlichkeiten der so verstörten Protagonisten mit ihren Britten-Charakterisierungen, vermittelt beeindruckende Konsonanz mit den so expressiven Chören – und präsentiert die so berauschenden interludes mit einer Intensität, die unter die Haut geht.

Das Nordhauser Ensemble singt und agiert mit nachgerade stupender Ausdruckskraft, Emotionalität als „Lehrstück“ interpretierend. Joshua Farrier ist ein Peter Grimes in seiner Zerrissenheit, artikuliert mit differenzierter Ausdrucksstärke. Sabine Mucke gibt der Ellen Oxford distanzierte Zuneigung mit flexiblem Ausdruck. Kay Stiefermanns Balstrode überzeugt als wertetreuer Fixpunkt, mit beeindruckendem Duktus, stimmlich souverän.

Mit Anja Daniela Wagner, Elena Puszta und Brigitte Roth ist ein „Tantchen“ mit „Nichten“ in halbseidener Biederkeit zu erleben; Marian Kalus als Methodist, Thomas Kohl als Anwalt, Jie Zhang als Mrs. Sedley, Dimitar Radey als Pfarrer, Wieland Lemke als Apotheker und Michael Schober vervollständigen das staunenswerte Nordhäuser Ensemble, einige sind Mitglieder des Thüringer Opernstudios.

Und auch der Opernchor unter Leitung von Elena Pierini ist ein Ereignis in Sachen kollektiven Gesangs und reduzierter Aktivität.

Das Publikum im atmosphärisch dichten Nordhauser Theater folgt dem Geschehen – und seiner Bedeutung – mit hoher Konzentration, stimmt mit langanhaltendem Beifall dem Bühnen-Ereignis zu. Und wird unprätentiös-kenntnisreich durch ein Programmheft von Anja Eisner über die Intentionen der Aufführung informiert.

Perfektes Musiktheater auf hohem Niveau, ein Reiseziel für neugierige Opern-Liebhaber; es stört nur die unfreundliche Behandlung im „Restaurant“ DaCapo.

Franz R. Stuke

 



Fotos: Roland Obst