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Fakten zur Aufführung 

IM WEIßEN RÖSSL
(Ralph Benatzky)
3. November 2012
(Premiere)

Theater Münster, Großes Haus


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Mit Pappkuh und Klamauk

Irrungen, Wirrungen, Urlauber aus dem preußischen Flachland, eine schicke Wirtin und der österreichische Kaiser singen und spielen um die Wette. Und weil das Rössel eine Mischung aus Schlagerrevue und Operette ist, weil hier ein Hit auf den nächsten folgt und auch nach Jahrzehnten die leicht satirische Dreifachromanze immer noch mit ihrem schlichten Charme im Publikum für glänzende Augen und ein paar verstohlene Schniefer sorgt, klatschen die Zuschauer begeistert nach fast jeder Nummer.

Ulrich Peters, der neue Intendant des Theaters Münster, inszeniert diese Rössl-Produktion. Weder angestaubte Idylle noch provinzieller Kitsch haben hier eine Chance und, gemeinsam mit dem hervorragend aufgestellten Sinfonieorchester Münster mit swingenden Streichern und pfiffigen, fast jazzigen Bläsern, schafft das Ensemble auf der Bühne eine dichte, unterhaltsame Show. Hendrik Vestmann leitet das musikalische Treiben und sorgt für reibungslose Abläufe.

Manchmal fehlt vielleicht noch eine Prise Leichtigkeit, ein wenig operettenhafte Schnoddrigkeit, die sich sicher in den kommenden Aufführungen noch einstellen wird. Trotzdem ist diese Inszenierung mit all ihren klassischen Korrektheiten zwischen den vielen, manchmal fast klamaukhaften Operettenbühnen-Einfällen, sehenswert. Da darf auch einmal eine fröhliche Pappkuh um die Ecke linsen.

Christian Floerens betont idyllische Bühne ist vielseitig verwendbar und kann schnell vom Hotel mit schräg gestellter Terrasse, die durch den nach vorn abfallenden Boden große Bühnentiefe suggeriert, in einen Badesteig oder alpines Panorama verändert werden. Der gemalte Horizont zeigt den Wolfgangsee irgendwo zwischen Postkarte und naivem Idealbild, das Licht sorgt für Weite oder ein paar glitzernde Sterne am Abendhimmel. Die Kostüme Götz Lanzelot Fischers erinnern an die 20-er Jahre des vergangenen Jahrhunderts, die Dirndl werden konsequent zu sauber geputzten Wanderschuhen getragen oder geraten im Falle der Stubenmädchen auffallend kurz, bleiben jedoch immer familienfreundlich. Der Opernchor des Theaters Münster unter Leitung von Inna Batyuk singt und agiert sehr zuverlässig und freudig. Die japanischen Chorsänger sind, liebevoll kostümiert als asiatische Touristen mit auffallenden Fotoapparaten, schon allein einen kleinen Extraapplaus wert.

Lisa Wedekind gibt eine selbstbewusste, stimmstarke Wirtin Josepha Vogelhuber, hat aber vielleicht ein bisschen zuviel jugendlichen Charme eingearbeitet. Immerhin stellt sie die verwitwete, hart arbeitende Geschäftsfrau dar, die ein florierendes Hotel leitet. Erwin Belakowitsch, der verliebte Zahlkellner Leopold, schmachtet allerliebst, aber geht die hohen Töne seiner Songs wie Zuschau‘n kann i net ein bisschen vorsichtig an. Dirk Lohr als Trikotagenfabrikant Gieseke berlinert sich in die Herzen der Zuschauer, regt sich herrlich auf und gehört zu den vielen Höhepunkten der Inszenierung. Tochter Ottilie, gegeben von Henrike Jacob, überzeugt stimmlich immer sehr und lässt ein bisschen großstädtische Laszivität heraus. Beeindruckende Leistung. Rechtsanwalt Dr. Siedler ist bei Robert Sellier gut aufgehoben und kommt elegant und fast zu wendig daher, Sigismund Sülzheimer alias Fritz Steinbacher ist ein echter Pfundskerl und singt seinen Riesenhit Was kann der Sigismund dafür ganz im Sinne dieser Musik. Wolfram Grüsser gibt einen liebenswerten Prof. Dr. Hinzelmann, Kathrin Ost macht seine süße Tochter Klärchen und Tom Ohnerast ist ein sehr gut besetzter Piccolo mit jugendlicher Stimme und viel Schwung. Larissa Neudert als spitzbübischer Postillion komplettiert das tolle Ensemble, dass sich im Weißen Rössl anscheinend ganz zuhause fühlt. Marek Sarnowski setzt als auffallend sportlich wirkender Kaiser noch ein zusätzliches Glanzlicht und würzt mit einer genau abgemessenen Prise Ironie.

Das Publikum feierte die gelungene Premiere mit sehr viel Beifall. Das Rössl wird sicher noch viele, viele Gäste zur Einkehr verlocken.

Heike Eickhoff

Fotos: Jochen Quast