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Fakten zur Aufführung 

L'ELISIR D'AMORE
(Gaetano Donizetti)
28. September 2013
(Premiere am 5. Oktober 2011)

Bayerische Staatsoper München


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Triste Wüstenei

Da ist nur Einöde. Das einfache Bauerdorf aus Donizettis Opernkomödie wird zur galaktischen Postapokalypse. Graue Mondlandschaft und ein paar verstreute Requisiten, mehr Schauwerte bekommt der Zuschauer bis zum Pumpfinale nicht zu sehen. Selbst Doktor Dulcamara fliegt nicht ein, sondern kreiselt sich mit einem Kometenmähdrescher schwerfällig dem Geschehen entgegen. Hier ist sich der inszenierende David Bösch mit Bühnenbildner Patrick Bannwart und Kostümbildner Falko Herold einig: Man wollte Fremdes, Ungewöhnliches erschaffen und mit der teils bäuerlich-folkloristischen Inszenierungstradition des Liebestrankes brechen. Ein Anti-Schenk sozusagen, der mit seiner Wiener Fassung noch immer als Standardvariante des leichten Liebesreigens gilt. Aber funktioniert die Vertristung des Belcantoklassikers?

Ein klares Nein. Die aussagelose Eintrübung der Komödie transportiert nichts als eine bloße Idee, sich von anderen Inszenierungen abzusetzen, und sagt mit viel Aufwand nichts aus. Es bleibt wie das stürmische Pyrofinale ein leerer Knallkörper ohne Gehalt, ohne Personenregie und ohne dabei die Leichtigkeit des Stoffes zu bewahren. Dafür wird hässlich gemacht, verdummt und verraten. Unstimmig bleibt nämlich das Verhältnis vom Stoff zur Verkörperung, so dass marodierende Brutalo-Soldaten unverständlicherweise noch Heiratsanträge abwarten, bevor sie losschlagen. Auch die Liebenswürdigkeit eines komplett zum Idioten gestempelten Nemorino hält sich in Grenzen. Die ernsten Momente werden im Slapstick zwischen blinkender Elixir-Pumpe und Luftballoneinlagen vergessen, die Komik überzogen oder seltsam mit überzogener Endzeitbrutalität konterkariert.

Die Sängerriege wirbt nicht mehr mit großen Namen wie Schrott als Dulcamara und Kucerova als Adina wie in den vergangenen Serien. Die vielen Umbesetzungen fallen im Szenischen aber leider auf. Das vielleicht ehemals erarbeitete Zusammenspiel lässt sichtbar nach. Die Gesamtleistung der Kräfte überzeugt nicht. Guiseppe Filianoti hat große Probleme mit dem Kaltstart beim Klassiker Quanto è bella, steigert sich lediglich in den Duetten mit Adina und liefert ein ordentliches Una fortiva lacrima ab – mehr nicht. Ekkaterina Sadovikovas Adina ist unaufällig ohne übermäßigen Glanz und szenisch farblos. Besser da die spielfreudige und quirlige Iulia Maria Dan als Gianetta. Nicola Alaimo überzeugt dagegen zusammen mit Levente Molnár als schleimiger Scharlatan Dulcamara und fieser Schießteufel Belcore. Der Chor in der Einstellung von Stellario Fagone auf bekannt hohem Niveau rettet den Abend mit Donizettis wunderschönen Belcantomomenten.

Musikalisch sehr gedehnt liefert Carlo Montanaro mit dem Bayerischen Staatsorchester einen ausgesprochen langsamen Donizetti, der sich eigentlich weniger empfiehlt, in ihm zu baden, als ihn spritzig fließen zu lassen.

2009 lieferte Nico Rabenald einen bayrisch gefärbten, kitschig bunten und märchenhaften Liebestrank auf Deutsch am Münchner Gärtnerplatztheater. Er bewies damit am kleinen Bruderhaus der Staatsoper wie ungewöhnlich und gleichzeitig werkgetreu man diesen Dauerbrenner unverstaubt und ohne Endzeitstimmung neu beleben kann. Der Staatsoper gelingt das leider nicht. Die Publikumsreaktionen bleiben in der „Junges-Publikum-Vorstellung“ entsprechend freundlich und gedämpft emphatisch.

Andreas M. Bräu

Fotos: Wilfried Hösl