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Fakten zur Aufführung 

DIDO UND AENEAS
(Sasha Waltz & Guests)
8. April 2014
(Gastspiel)

Bayerisches Staatsballett, Nationaltheater München


Points of Honor                      

Musik

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Regie

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Wässriger Einstand

Sasha Waltz hat viele nationale und internationale Auszeichnungen erhalten, mit 30 hat sie ihre eigene Compagnie in Berlin gegründet. Von dort hat sie mit ihren Choreografien und ihrem ganz eigenen Regiestil einen wahren Siegeszug um die Welt angetreten. Am Anfang standen die musealen Artefakte. Sie bespielte eindrucksvoll das jüdische Museum, Berlin, danach das Neue Museum und später auch das Maxxi in Rom. Sie hat sich nie fest an ein Haus gebunden und verfolgte erfolgreich konsequent die Umsetzung ihrer Ideen. 2013 wurde sie European Cultural Ambassador, hat mit Ihrer Compagnie 15 Länder bereist und fast 100.000 Zuschauer mit 17 verschiedenen Produktionen verzaubert. Eine großartige Leistung, der Erfolg aller Mitwirkenden und eine aussagekräftige Botschaft für das Tanzland Deutschland – das Motto der diesjährigen Münchner Ballettfestwoche.

Kein Vorhang verhindert den Blick auf die Bühne. Mitglieder der Compagnie beobachten das auf ihren Sitzen wartende und erwartende Münchner Publikum im ausverkauften Nationaltheater. Ein großes Aquarium lässt erste Vermutungen zu. Zu den erhebenden barocken Tönen der Overtüre gleiten die Tänzer ins Wasser, und voyeuristisch verfolgt der Betrachter das elegante Wasserspiel. Aber es wird auch von ihnen gesungen – nicht immer in verständlicher Sprache. Langsam verlagert sich das Geschehen aus dem Wasser auf die Bühne. Die Bühne ist minimalistisch gestaltet, die Lichtregie begleitet dezent den Ablauf des Geschehens. Wir erleben Didos Liebesgeständnis in ihrem Palast, Aeneas Jagd, seinen Aufbruch zur Schiffsreise, bis hin zum Selbstmord Didos.

Chor und Sänger gesellen sich zu den Tänzern und bilden, im Geschehen geschickt aufgereiht und in der Bewegung gefühlvoll gelenkt, eine Einheit. Es ist ein besonderes, für Sasha Waltz & Guests typisches Mittel der Gestaltung, dass alle Beteiligten, auch Teile des Orchesters in die tänzerischen Bewegungsabläufe integriert werden. Ihre Choreografie lotet mit viel Feingefühl die Leistungsgrenzen aus und setzt auf einfache, durch synchrone Gruppenbewegung effektvolle Gestiken. So muss der Chor auch am Boden liegen, rollen, sich drehen oder seine Hände erwartungsvoll gen Himmel strecken. Reine Tanzeinlagen sind keine kraftvollen akrobatischen Gegenpole, sondern elegante, sehr auf den Gefühlsausdruck zielende Kreationen. Es ist der Tanz, der die Handlung und die seelische Verfassung, die Gefühle der Helden vermittelt. Deshalb ist jede Person mit Sänger und Tänzern besetzt. Die Mezzosopranistin Aurore Ugolin singt eingebungsvoll Dido und bringt auch mit ihrer dunklen Hautfarbe exotischen Flair nach Karthago. Ihr liegt der Tanz im Blut, und so lässt sie sich auf Melodie und Rhythmen auch tänzerisch ein. Reuben Willcox strahlt mit seiner Größe über die Compagnie, gliedert sich dadurch aber schwerer ein. Auch im Gesang ist der Engländer nicht immer sicher.

Das Vocalconsort Berlin und die Akademie für Alte Musik Berlin sorgen für eine ausgeglichene, ideenreiche musikalische Begleitung auf Originalinstrumenten. Christopher Moulds lässt einen weichen barocken Klang zu, der zu den feinen Tanzbewegungen auf der Bühne passt. Er vermeidet scharfe Forti oder Hetze.

Am Ende gibt es viel Jubel für diesen besonders stimmungsvoll, ausbalancierten, verzaubernden Abend. Keine billigen Effekte, sondern intelligente, sich logisch aufbauende, harmonische Bilder ergreifen das gespannt folgende Publikum. Ein gelungener Besuch und hoffentlich nicht der letzte in der Isarmetropole.

Helmut Pitsch

 





Fotos: Sebastian Bolesch