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Fakten zur Aufführung 

LA CLEMENZA DI TITO
(Wolfgang Amadeus Mozart)
12. Februar 2014
(Premiere am 10. Februar 2014)

Bayerische Staatsoper München


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Viel Milde beim Publikum

Der römische Kaiser Titus kehrt in einer Neuinszenierung nach München zurück. Wer war diese historisch bedeutende Figur, und wie wird sie von Mozart und dem Regieteam in München gezeichnet? Ein brillanter Denker, intelligent und ein geschickter erfolgreicher Heerführer war dieser Titus, der Sohn Kaiser Vespasians. Er beendete den Jüdischen Krieg, zerstörte den Tempel und die Stadt Jerusalem. Mit der Kriegsbeute ließ er das Kolosseum in Rom bauen. Mit 40 wurde er Kaiser und überraschte die misstrauischen Römer mit einer seelischen Wandlung und machte Milde und Wohltaten zu seiner Lebensaufgabe. Unter seiner Herrschaft brach der Vesuv aus und begrub die Städte Pompeij und Herculaneum, in Rom zerstörte ein Brand die Innenstadt. Aus seinem eigenen Vermögen half er den Betroffenen. Nach 3 Jahren Regentschaft verstarb er 81 n. Chr. ohne männlichen Nachkommen, aber seine Werke und sein bekannter Ausspruch „Diem perditi – ein verlorener Tag ist ein Tag ohne eine gute Tat“ sind uns erhalten. Die eigentliche Geschichte der Oper Mozarts beruht aber auf einer historischen Handlung, die Kaiser Augustus zugeschrieben wird, der die Mitglieder einer Verschwörung begnadigte.

Rom kommt nach München. Die Bayerische Staatsoper wird von Bühnenbildner Stephane Laimé zu Beginn in ein prächtiges römisches Amphitheater umgewandelt. Der Bühnenraum wird dem Zuschauerraum mit seinen Logen und Säulen nachgebildet, sodass Orchester und Zuschauer umschlossen und eingeschlossen werden. Jan Bosse will mit seiner Regie den historischen Bezug auflösen und die Oper zu einer Parabel der menschlichen Gesellschaft machen, dabei aufrütteln und einen Spiegel vorhalten. Das versucht auch die Kostümbildnerin Victoria Behr umzusetzen. Zu Beginn erleben wir barocke Opulenz, langsam fallen die Kostüme und Perücken, die Sänger werden zu greifbaren Mitmenschen. Im zweiten Akt erleben wir Rom nach dem Aufruhr und der Zerstörung. Die Pracht weicht der Vergänglichkeit, der Verwüstung. Eine einfache Gerüstkonstruktion verbleibt auf dem offenen Bühnenraum. Das macht es den Sängern akustisch und akrobatisch nicht leicht. Über allem strahlt Titus. Der Engländer Toby Spence in der Titelrolle erscheint im weißen langen Kleid mit weißem edelsteinbesetztem Schleppenmantel. Er stolziert förmlich umher und versucht hölzern, Erhabenheit, Mildtätigkeit und Geläutertheit wie ein Sektenführer zu versprühen. Dabei ist seine Stimme inhaltlos und limitiert, sein Tenor ist ohne Höhe und Wärme. Kristina Opolais als Vitellia hat mit ihrem Kostüm und ihrer Stimme zu kämpfen. Mit ihrem voluminösen Reifenrock klettert sie artistisch die Stufen des Amphitheaters auf und ab, bleibt immer wieder hängen und hat so alle Hände voll zu tun. Ihr Mezzosopran entwickelt sich zu einer dramatischen Stimme, die Koloraturen wirken nicht mehr leicht und geschmeidig, die Spitzentöne scharf. Tara Erraught vermittelt stimmlich feine ausgewogene Momente als Sesto, wirkt aber in ihrer Statur und Verkleidung wie ein kleiner Ritter von trauriger Gestalt. Gelungen ihre Schicksalsarie Parto, ma tu ben mio. Hierzu holt der Dirigent den Solisten aus dem Orchester auf die Bühne. Hanna Elisabeth Müller im rosaroten Bonbonkleid lässt ihre Stimme eingewickelt. Überzeugend besetzt sind die Rolle des Annio mit Angela Brower und des Publio mit Tareq Nazmi.

Das Regieteam hat sich entschieden, einige Rezitative, die auch nicht immer von Mozart stammen, wegzulassen, um den Fluss der Handlung zu gewährleisten. So vergehen die zweieihalb Stunden Musik sehr schnell. Das ist vor allem Kyrill Petrenko zu verdanken, der munter und frisch das Orchester musizieren lässt. Er versucht, den Sängern möglichst viel Unterstützung zu geben, und begleitet gefühlvoll und sensibel in der Lautstärke des Orchesters. Die Ouvertüre, Chorszenen und Finale lässt er aber dramatisch kraftvoll im Tutti erscheinen und füllt den Raum mit herrlichem, sehr sauber aufgespieltem Mozartklang. Zur Recht bekommt er viel Beifall vom Publikum und festigt seine Position als neuer Generalmusikdirektor und Publikumsliebling an der Isarmetropole.

Helmut Pitsch

Fotos: Wilfried Hösl