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Fakten zur Aufführung 

LA CENERENTOLA
(Gioacchino Rossini)
23. August 2012
(Premiere)

Kammeroper München,
Hubertussaal, Schloss Nymphenburg


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Heiteres Märchen ohne Bühnenzauber

Rossinis Version des Aschenputtel-Märchens hat bekanntlich einige Unterschiede zur deutschen Version der Geschichte. Nun haben Regisseur Dominik Wilgenbus und Arrangeur Alexander Krampe weitere Eingriffe in das Material vorgenommen - mit geteiltem Erfolg.

Wilgenbus hat das Libretto von Jakob Ferretti aus dem Jahr 1817 in eine neue, bisweilen wortwitzige deutsche Übersetzung umgearbeitet und aus Don Magnifico wieder die böse Stiefmutter Donna Magnifica gemacht. Dennoch bleibt die Partie weiterhin von einem Bass gesungen, was dem hünenhaften Erik Ginzburg die szenisch spektakulärste Rolle der Aufführung verpasst. Travestie auf der Bühne macht sich immer gut für Komik, und so ist auch eine der bösen Schwestern mit dem Sopranisten Thomas Lichtenecker besetzt, bei dem man allerdings zweimal hinhören und –schauen muss, um hinter die Maskerade zu kommen.

Krampe hat den Orchesterpart deutlich minimiert und als Klangfüller das Akkordeon mit eingesetzt. Dessen Klangfarben passen allerdings nicht wirklich zu Rossini, und auch die Idee, die Rezitative mit Marimbaphon begleiten zu lassen, liefert außer neuen Höreindrücken wenig Verbesserung zum klassischen Continuo.

Mit solch kleiner Besetzung ist es umso schwerer, einen homogenen Orchesterklang zu erzeugen, und so gelingt es dem Dirigenten-Newcomer Nabil Shehata leider nicht, die federnde Spritzigkeit zu erzeugen, ohne die Rossini schnell ziemlich fade daherkommt.

Anstelle von Bühnenbild setzt das Team der Münchner Kammeroper auf die liebevoll gestalteten Kostüme von Katja Melle, die aber durchaus auch etwas mehr Farbigkeit vertragen hätten. So kann auch die Beleuchtung in dem cremefarbenen, langgezogenen Hubertussaal des Nymphenburger Schlosses aus der dezent in Beige- Grau- und Weißtönen gehaltenen Ausstattung nicht mehr herausholen, und die zwei weißen Treppenabsätze und Sessel sind in ihrer Bespielbarkeit eben auch begrenzt.

Dabei spielen die jungen Solisten voller Elan und Köpereinsatz. Wilgenbus hat die Pointen bis ins Detail szenisch herausgearbeitet, und auch wenn die jungen Stimmen bisweilen nicht durchschlagskräftig genug sind, hat Dirigent Shehata stets eine sichere Hand für die Balance und das Zusammenspiel, was bei den rasanten Ensembles wirklich eine Kunst ist. Das Tempo ist allerdings nicht allzu halsbrecherisch und trägt mit dazu bei, dass der Abend mit drei Stunden gegen Ende zäh wird.

Schade für Irina Nikolskaya in ihrer Schlussarie, die eine hervorragende Angelina singt. Eine große, typisch russische Stimme mit viel Metall in der Höhe, aber enormer Durchschlagskraft und der Fähigkeit zu weichem, sattem lyrischem Klang neben Agilität für die Koloratur. Auch Maximilian Kiener als Prinz Ramiro überzeugt mit seinem schlanken Tenor, dem nur noch das letzte Quäntchen für die strahlenden Spitzentöne eines „Tenore di grazia“ fehlt. Auch Dániel Foki muss für einen optimalen Dandini noch etwas an Kern in der schönen, beweglichen Baritonstimme gewinnen, hat aber eindeutig großes komisches Talent.

Das wohlwollende Publikum im ausverkauften Saal zeigt sich allerdings überaus begeistert von dieser abgespeckten Version und würdigt die Leistung aller Beteiligten mit lang anhaltendem Applaus. Für manchen dürfte es allerdings bei der nächsten Cenerentola lieber wieder etwas mehr sein.

Ingrid Franz

Fotos: Bernd Schuller