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Fakten zur Aufführung 

DIE ENGLISCHE KATZE
(Hans Werner Henze)
26. Juni 2011 (Premiere)

Städtische Bühnen Münster


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Hintergründig humorvoll

Das ist zum Schluss der Theatersaison und zu Beginn des Henze-Festivals in Münster noch einmal ein echtes Opernerlebnis - Hans-Werner Henzes Englische Katze.

Ernö Weil stellt diese Fabel über vegetarische Katzen auf die Bühne, die eine „Gesellschaft zum Schutz der Ratten“ gründen – aber um ihre Ziele zu erreichen auch vor Mord nicht zurückschrecken. Das Ganze spielt in England am Ende des 19 Jahrhunderts und die ganze Geschichte ist geprägt von Doppelmoral, Geltungs– und Gewinnsucht, korrupter Justiz, Nepotismus und Bestechlichkeit. Das ist irgendwie bekannt. Und dennoch kommt die Englische Katze nie in den Ruch eines politischen Lehrstücks. Dazu ist sie viel zu humorvoll und regt zum Schmunzeln an. Ernö Weil lässt der Geschichte weitestgehend ihren freien Lauf und illustriert die Handlung – schöne Einfälle inklusive wie die Maus, die, kaum den Katzen entronnen, in der Mausefalle endet.

Karin Fritz baut ein repräsentatives Mahagoni-Wohnzimmer mit riesiger Katzenklappe in den Türen. Das hat Stil genau wie ihre Kostüme, die die Katzen ebenso uniformieren – und so in letzter Konsequenz zu Vorzeigekapitalisten machen. Dennoch schafft Fritz auch durch schick gearbeitete Details Individualität. Das ist ebenso eine Augenweide wie die rosaschwänzigen Ratten, die zwischen den Szenen die Umbauarbeiten auf der Bühne leisten. Ein echter Höhepunkt ist der tolle Mond auf dem Hausdach (mit altmodischer Antenne), der zu einem kitschigen Liebesduett die richtige Kulisse liefert.

Bei Fabrizio Ventura und dem Sinfonieorchester Münster liegt die Englische Katze in den besten Händen. Besonders in den instrumentalen Zwischenspielen gelingt es Ventura, die grandiose Farbigkeit von Henzes Partitur auszuloten. Kleine Abstriche gibt es zu machen bei den begleitenden Passagen: hier deckt das Orchester einige Male zu oft die Sänger zu.

Die aber leisten viel, um Henzes Oper aus ihrem Dornröschenschlaf zu wecken. Allen voran Henrike Jacobs als Landkatze Minette, die an den alternden Lord Puff verhökert wird. Wie Jacobs souverän durch Henzes Koloraturen und Läufe eilt, das ist ebenso bewunderns- wie hörenswert. Nach ihrer Lulu setzt Jacobs damit ein weiteres vokales Ausrufezeichen in Münster.

James McLeans Tenor merkt man an, dass er keine junge Stimme mehr ist, um so idealer also für den zwar gesetzten, aber immer gewieften Lord Puff – ein schönes Rollenportrait. Finster gibt sich Tye Maurice Thomas als nichtsnutziger, erbschleichender Arnold, der er mit nuancierter Stimme zeichnet. Und den hoffnungslos verliebten Kater Tom singt Alan Cemore mit der richtigen Portion Arroganz.

Mit animalischer Lebendigkeit und wunderbar kerngesundem Mezzo stattet Maria Rebekka Stöhr die Babette aus. Melanie Spitau zaubert espenlaubartiges Zittern in ihren Sopran und gibt der ängstlichen Maus Louise deutliche Kontur.

Herrlich das snobistische Katzendamentrio von Jana Havranova, Hellen Cho und Suzanne McLeod. Thomas Mayr und Fritz Steinbacher bereichern die munter-finstere Katzenschar, hier mit schöner Tiefe, dort mit hellem Tenor. Julian Schulzki ergänzt als fieser Staatsanwalt das Solistenensemble mit darstellerischer wie sängerischer Präsenz.

Dem Premierenpublikum gefällt die Englische Katze und es wird viel applaudiert – für münstersche Verhältnisse im Hinblick auf eine zeitgenössische Oper überdurchschnittlich viel. Bleibt zu hoffen, dass auch die Folgetermine die Aufmerksamkeit bekommen, die sie verdienen.

Thomas Hilgemeier

 







 
Fotos: Michael Hörnschemeyer