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Fakten zur Aufführung 

THE ROCKY HORROR SHOW
(Richard O'Brien)
27. November 2011
(Premiere am 14. Oktober 2011)

Theater Mönchengladbach-Rheydt,
Theater Krefeld Mönchengladbach


Points of Honor                      

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Publikum

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Der Kult lebt

Die Rocky Horror Show war von Anfang an weder Theaterstück noch Musical. Seit 1973, als das Stück das erste Mal auf die Bühne fand, ist es mehr Ausdruck eines Lebensgefühls als künstlerischer Anspruch. Das Erstaunliche dabei: Dieses Lebensgefühl trägt über viele Generationen. Und so ist auch das Haus in Mönchengladbach-Rheydt am Sonntagnachmittag quasi ausverkauft. Durch das dicht gefüllte Foyer geistern Statisten in ihren verrückten Kostümen, die Johanna Maria Burkhart stark an die Originalfetzen angelehnt und nur behutsam modernisiert hat. Auf den Stufen zum Balkonaufgang tritt Columbia auf und erklärt dem Publikum mit kieksend-überdrehter Stimme die notwendigen Tanzschritte. So sind die Zuschauer schon elektrisiert, ehe sie noch den Saal betreten haben. Eine wunderbare Idee!

Was dann beginnt, ist eher eine Party mit Publikum und Ensemble als eine Aufführung. Die Bühne, ebenfalls von Johanna Maria Burkhart,ist karg-herkömmlich eingerichtet. Links vorne das „Regiepult“ des Erzählers Matthias Oelrich, der schmunzelnd die boring-Rufe über sich ergehen lässt. Im Zentrum der Bühne der Aufzug für die großen Auftritte von Dr. Frank’N’Furter, dahinter ein Podest, auf dem die Rocky Horror Band platziert ist. Ansonsten viel Platz, auf dem das Personal sich in der Einstudierung von Ralph Frey austoben kann. Regisseur Frank Matthus verzichtet auf große Abweichungen von der Originalvorlage, konzentriert sich auf das, was die Rocky Horror Show ausmacht: Ausgelassenheit und Spielfreude.

Felicitas Breest verleiht der Janet eher eine erotische Komponente, was der Rolle gut bekommt. Stimmlich ist sie eine der wenigen, die überzeugen können. Der Brad von Ronny Tomiska ist stark persiflierend überzeichnet, was beim Publikum gut ankommt. Eine gute Figur verleiht Adrian Linke dem Dr. Frank’N’Furter, allein, es fehlt ihm ebenso wie Cornelius Gebert als Rocky das letzte Quäntchen an Charisma. Überzeugender sind Esther Keil als Usherette und Helen Wendt als Columbia. Sehr eindrucksvoll ist die Rock’n’Roll-Tanzeinlage, die Helen Wendt und Felix Banholzer als Eddie scheinbar leichtfüßig absolvieren. So muss Rock’n’Roll getanzt werden: Akrobatik aus Spaß an der Freud‘. Dr. Everett Scott ist im Rollstuhl sicher nicht ganz einfach zu spielen, aber Joachim Henschke meistert das. Die rechte Identifikation, vor allem im Travestie-Teil, mag ihm nicht gelingen. Paul Steinbach verleiht dem Riff-Raff exakt die schleimig-unterwürfig-hinterhältige Haltung, die den Reiz der Rolle ausmacht.

Während die „Transilvanians“ herrlich über die Bühne wuseln, findet die Rocky Horror Band unter Willi Haselbek zu jenem unvergleichlichen Sound, der bis heute jeden Fan zum Mitmachen einlädt.

Der eigentliche Star des Abends ist das Publikum. Die Party findet im Saal statt. Seit mehr als drei Jahrzehnten kennt man das nun: der Reis, die Klopapierrollen, verrückte Kostüme und Stablichter. Aber wenn das Publikum mittanzt, auf seine Einsätze für „schhhhh“, „ooooohhhh“ und „boring“ wartet, ist man wieder im „Swinging London“, in dem kleinen Theater angekommen, in dem Richard O’Brien dereinst den Kosmos des Rocky zum Leben erweckte.

Im Zugabenteil fallen bedauerlicherweise die Mikrofone aus. Immerhin vermittelt das schon einmal einen Eindruck von der Qualität künftiger Veranstaltungen, wenn für die Finanzierung neuer Microport-Anlagen in deutschen Theaterhäusern keine vernünftige Regelung gefunden wird.

Michael S. Zerban






 
Fotos: Matthias Stutte