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Fakten zur Aufführung 

AIDA
(Giuseppe Verdi)
4. Juni 2011

Masada
Israeli Opera Festival 2011


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Schauplatz voller Magie

Seit dem vergangenen Jahr gibt es einen neuen, spektakulären Open-Air-Spielort auf der Opernweltkarte: Die judäische Wüste am Toten Meer zu Füßen des legendären Berges von Masada. Dort hat die Tel Aviver Oper letztes Jahr zum ersten Mal Verdis Nabucco präsentiert und wurde vom Publikumsansturm aus dem In- und Ausland überrascht. Die logistische Meisterleistung, die rund 3000 Mitarbeiter für dieses Festival vollbringen, ist die eine Seite der Medaille, die man sich mit der Verwirklichung des Traumes von der „Opern-Air“-Großveranstaltung als Publikumsmagnet verdient hat. Die andere ist die Erfüllung von künstlerischen Standards, die sich mit den großen Opernhäusern der Welt messen können und bei denen widrige Arbeitsbedingungen wie Temperaturen um die 40 Grad Celsius, sandhaltiger Wind und akustisch schwierige Gegebenheiten keine Rolle spielen dürfen.

Hatte man im letzten Jahr bei Nabucco noch deutliche Abstriche im Hinblick auf die szenische und musikalische Ausführung einschließlich tontechnischer Unterstützung machen müssen, ist die diesjährige Produktion von Aida ein Quantensprung hin zum atemberaubenden Gesamtkunstwerk mit Kult-Potenzial.

Das französische Regieteam bestehend aus Charles Roubaud (Regie), Emmanuelle Favre (Bühne), Jean-Charles Gil (Choreografie) und Denise Duflot (Kostüme) beweist mit Stilsicherheit und Können, dass es keine Elefanten für den Triumphzug braucht, um eine riesige Bühne angemessen zu beleben. Die kammerspielartigen intimen Szenen zwischen den Protagonisten werden geschickt in den Mittelpunkt gerückt, ebenso wie die großen Chorszenen als lebendige und opulente Bilder gelingen. Die Tanzszenen zweier Gastgruppen aus äthiopischen Jugendlichen und Beduinen integrieren neue soziale Schichten in eine Opernproduktion und liefern optische Höhepunkte. Besonders die Einfahrt des Radames per Schiff auf den blauen Wellen aufgeworfener Röcke ist ein fantastischer Regieeinfall.

Die große Pharaonenstatue in der Mitte der Bühne, flankiert von zwei Sphinxen an den Seiten versetzen die 7500 Zuschauer in das antike Ägypten. Der Berg von Masada wird durch die aufwändige Lichtregie von Avi Yona Bueno (Bambi) auch zum fließenden Nilstrom und glitzernden Sternenhimmel verwandelt.

Kristin Lewis ist optisch wie stimmlich eine Idealbesetzung der Aida. Ihre Piani gelingen bis in die höchsten Lagen lupenrein und sie harmoniert wunderbar mit Marco Bertis kraftvoll-lyrischem Radames. Dank gut ausgesteuerter Tontechnik gehen die zarten Töne im warmen Wüstenwind nicht unter, nur ganz selten knackt es in der Leitung. Die dramatische Amneris von Marianne Cornetti, Paata Burchuladze als Ramfis und Alberto Gazales Amonasro klingen souverän, erreichen aber nicht ganz die Differenziertheit des Heldenpaares. Aufhorchen lässt Efrat Ashkenazi aus dem Opernstudio der Israeli Opera als Hohepriesterin. Daniel Oren im Graben hält das musikalische Geschehen mit energischer Hand zusammen. Er ist ein Mann der großen Gesten, was der Dimension dieser Produktion angemessen ist. Der Chor der Israeli Opera und das israelische Symphonieorchester Rishon LeZion bieten unter Orens Leitung ebenfalls ein erstklassiges Klangerlebnis fernab vom pathetischen Einheitsbrei, zu dem Aida unter freiem Himmel so oft verleitet.

Man wird diese Produktion ab Oktober auf DVD erhalten können. Um das richtige Gefühl für die Magie des Schauplatzes zu bekommen, müsste man dann bei uns allerdings die Heizung auf gut über dreißig Grad stellen und sich vor einen Ventilator setzen. Oder nächstes Jahr hinfahren nach Masada zur Neuproduktion von Bizets Carmen.

Ingrid Franz