Fundus   Kommentar    Backstage     Medien     Medientipps     Kontakt     Impressum    Wir über uns  
   Dossier    Kleinanzeigen     Links     Facebook     Partner von DuMont Reiseverlag  
     

Fakten zur Aufführung 

DIE LIEBE ZU DREI ORANGEN
(Sergei Prokofjew)
14. Februar 2014
(Premiere)

Nationaltheater Mannheim

Points of Honor                      

Musik

Gesang

Regie

Bühne

Publikum

Chat-Faktor


Rezensionen-Archiv

Aufführungen nach Name
Aufführungen nach Ort


 
 

zurück       Leserbrief

Alle Fäden in der Hand

Was braucht's für ein klassisches Märchen? Klar, Prinz und Prinzessin müssen her, ein leicht debiler König wäre auch nicht schlecht und natürlich eine böse Hexe. Außerdem Umwege über ein Traumland und mancherlei Verwechslungen, damit das glückliche Ende hinausgezögert wird. Bei Sergei Prokofjew dauert das in seiner 1921 zu Chicago uraufgeführten Oper Die Liebe zu drei Orangen gut zwei Stunden, ehe die liebreizende Ninetta ihren Liebling in die Arme schließen darf und auch der König ganz zufrieden wirkt.

Das Märchenspiel geht auf ein Stück zurück, das Carlo Gozzi als Commedia dell'Arte vor 250 Jahren vorgelegt hat und in dem Prokofiew so viel an Spott aufgefunden hat, dass er erstens das Libretto selbst anfertigt und zweitens seinen Sinn für musikalische Überzeichnungen bis hin zur Groteske herausgefordert fühlt. Heraus kommt ein sprühendes Feuerwerk, das Generalmusikdirektor Dan Ettinger mit dem Nationaltheater-Orchester entfacht: hoch akzentuiert, metrisch angetrieben und voll illustrierender Farbwechsel. Das läuft kongruent mit der Inszenierung, denn Cordula Däuper liest das Stück als Hommage an das Theater selbst. Sie will aus der nichtlinearen Handlung heraus das pulsierende Leben als satirische Realität entwickeln und sich ganz dem Moment hingeben: unmittelbar, spielerisch, bunt, grell, charmant.

Als Kunstgriff dienen das Puppenspiel und ein Kasperltheater. Mit den Puppen werden die Sänger-Darsteller in ihrem Gehabe verdeutlicht, aber auch konterkariert; die Marionetten-Fäden in der Hand halten Michael Pietsch als Motivator, aber auch die Sänger selbst, die sich damit im Dickicht des Märchenspiels in der Hand halten. Das schöpft in der schrillen Kostümierung von Sophie du Vinage die skurrilen Momente aus, lässt aber dem musikalischen Farbenreichtum immer Raum; auch weil die von Ralph Zeger entworfene Bühne als kleines Amphitheater sich im Halbrund dem Publikum zuwendet. Der Chor nimmt kunstvoll verschachtelt dort Platz und ist immer präsent, denn Carlo Gozzi wollte den Zuschauer selbst in das Bühnengeschehen einbinden. Hierfür taugt die Chor-Metapher ausgezeichnet.

Also, alles sauber, temperamentvoll und voller Leichtigkeit strukturiert. Die Sänger lassen sich gerne hören. Ein Prinz – Szabolcs Brickner hat eine nuancierte Tenorstimme dafür parat; der König wird von Sung Ho mit sonorem Bass gewichtet; Spaßmacher Truffaldino, Begleiter des Prinzen auch in den schwierigsten Verwicklungen, findet in Uwe Eikötter den idealen Spieltenor. Eunju Kwon ist die liebenswerte Prinzessin Ninetta, die sich durch allerlei Intrigen etwa der Prinzessin Clarice – Evelyn Krahe – behaupten muss. Nun, das komplette Pertsonal der Commedia dell'Arte wird aufgeboten, und ein großartiges Ensemble hat für jeden Typus genau die richtige Besetzung. Insgesamt kommen in Mannheim 17 Figuren von Fata Morgana bis Pantalone, von Smeraldina bis Köchin mit dem Haudrauf-Kochlöffel zum Einsatz.

Das Premierenpublikum hat ausschließlich Freude am lustvollen, durchdachten Spiel.

Eckhard Britsch

 





Fotos: Christian Kleiner