Fundus   Kommentar    Backstage     Medien     Medientipps     Kontakt     Impressum    Wir über uns  
   Dossier    Kleinanzeigen     Links     Facebook     Partner von DuMont Reiseverlag  
     

Fakten zur Aufführung 

FALSTAFF
(Giuseppe Verdi)
14. Dezember 2013
(Premiere)

Nationaltheater Mannheim


Points of Honor                      

Musik

Gesang

Regie

Bühne

Publikum

Chat-Faktor


Rezensionen-Archiv

Aufführungen nach Name
Aufführungen nach Ort


 
 

zurück       Leserbrief

Der Suff spielt keine Rolle

Wer den Begriff einer „lyrischen Komödie“ ernst nimmt, der muss und wird auf Zwischentöne achten, in denen die in der Partitur angelegten und genau definierten Feinheiten zum Klingen gebracht werden. Wobei das szenische Pendant ebenso der differenzierten Deutung bedarf. Im Nationaltheater Mannheim ist das mit Verdis später Oper Falstaff weitgehend geglückt, weil Generalmusikdirektor Dan Ettinger – gerade hat er seinen Vertrag um ein Jahr bis August 2015 verlängert – gemeinsam mit dem Nationaltheater-Orchester „Leichtigkeit und Virtuosität, Melancholie und Zartheit“ findet und auslebt. Einziger Minuspunkt: Die Sängerdarsteller und die Ensembles agieren nicht immer passgenau zum Graben, oder auch umgekehrt.

Optisch geht es gefällig zu, denn Bühnenbildner Roland Aeschlimann setzt die Figuren in eine überdimensionale, blutrote Lippen-Geometrie, wer's tiefenpsychologisch will, mag darin auch eine quer gestellte Vagina erblicken. Im Bühnenhintergrund ein bisschen Stellage mit Leitern, was nicht weiter stört. Vorne lässt eine Schräge von der Unterlippe herab den Falstaff ins fehlende Wasser purzeln, oder die Protagonisten rutschen am Ende zum Sektempfang hinunter. Diese kunstvolle Einfachheit trägt den Abend, so dass Regisseur Christof Nel die Figuren spöttisch, aber immer manierlich einander zuordnen kann. Er verzichtet auf aggressives Emanzen-Gehabe, wenn Falstaff übertölpelt und vorgeführt werden soll, gibt stattdessen den Damen der Handlung die Aura heiterer Selbstironie.

Gesungen wird aus dem gut ausgestatteten Ensemble am Nationaltheater Mannheim sehr schön. Thomas Jesatko glänzt in der Titelpartie, denn sein Heldenbariton hat angemessen viele Nuancen. Iris Kupke als Alice verkörpert weibliche Ausstrahlung und gut abgestufte Sopranführung; auch Meg, von Falstaff ebenfalls per Liebesbrieflein angemacht, erhält durch Franziska Rabl dezent-erotisches Mezzo-Format. In Dienstmädchen-Montur wird Edna Prochnik – leider – gesteckt, ihre Altstimme aber blüht. Lars Møller gibt dem eifersüchtigen Gatten Ford heftiges, doch sauber formuliertes Bariton-Profil, Uwe Eikötter dem Dr. Cajus den angemessenen Charaktertenor. Das einzige Liebespaar des Abends passt: Eunju Kwon ist eine bezaubernde Nannetta, und ihr Lover Fenton wird von Juhan Tralla mit Belcanto-Schmelz serviert. Benedikt Nawrath und Sebastian Pilgrim sind Falstaffs umtriebige Diener. In der Schluss-Szene darf der Chor, den Tilman Michael betreut, auftrumpfen.

Das Premierenpublikum spendet heftig-freundlichen, aber keinen enthusiastischen Beifall für eine Falstaff-Produktion, in der erfreulich wenig gesoffen wird.

Eckhard Britsch