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Fakten zur Aufführung 

IL PRIMO OMICIODIO
(Alessandro Scarlatti)
9. Mai 2012
(Premiere am 4. Mai 2012)

Staatstheater Mainz

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Alltagsfrust beim Frühstück

Folgen wir der Bibel, dann verliert der Mensch gleich zweimal seine Unschuld. Zuerst die Apfel-Story einer gewissen Eva, die ein - aus ihrer Sicht - unsinniges Gebot nicht einhalten kann und dafür aus dem Paradies vertrieben wird. Jetzt findet sie sich, Bademantel und Badeschlappen inklusive, mit ihrem Ehemann am Frühstückstisch wieder. So banal ist irdisches Leben, teilt Regisseurin Tatjana Gürbaca dem Publikum im kleinen Haus des Staatstheaters Mainz mit. Das kann sich in solcher Sicht durchaus wiederfinden. Der schnöde Alltag holt doch alle ein.

Problem Nummer zwei: Kain meuchelt Abel, und seither weiß die Menschheit, dass es fester Regeln bedarf, um ein einigermaßen erträgliches Zusammenleben zu organisieren. Aber warum tut der größere Bruder dem kleineren Tort an? Auch das leitet die Regie sehr griffig ab. Kain, der ältere, muss schon Verantwortung tragen, dem Kleineren hingegen wird vieles nachgesehen; der Liebling kann den etwas Unbeholfenen immer austricksen. Auch das ist banal, aber üblich. Dabei wollen die Eltern nur das Beste: sie stecken die Kinder in Schuluniform, um sie fürs bessere Leben fit zu machen.

Angerichtet wird das spannende Kammerspiel mit der reizvollen Musik von Alessandro Scarlatti auf einer von Stefan Heyne gefertigten, kleinen Drehbühne, deren Sperrkranz-Zähne darauf hindeuten, dass einmal Geschehenes niemals rückgängig gemacht werden kann. Das ist alles einsichtig, und die Personenführung in den heutigen Kostümen – ebenfalls von Stefan Heyne – schärft die Charaktere. Denn Eva, der Saem You Charme, Eros und leicht geführten Sopran mitgibt, möchte am Leben teilhaben und will ihre Triebe trotz Sündenfall ausleben. Christian Rathgeber ist ein toller Adam, der den Laden zusammenhalten will, den Kain auch einmal ohrfeigt und ansonsten eifersüchtig über Eva wacht. Sein Tenor ist sehr gut veranlagt und hat Potenzial. Das sei deshalb angemerkt weil die komplette Sängermannschaft aus dem Jungen Ensemble am Staatstheater Mainz rekrutiert wird und die Produktion gemeinsam mit der Musikhochschule Mainz entstanden ist.

Der Eltern Liebling ist Radoslava Vorgic. Sie wickelt mit ihrer zarten Erscheinung und quellfrischen Stimme alle um den Finger; ihr Opferlamm wird gottgefällig angenommen, während Kain vergeblich an der Streichholzschachtel fummelt. Der Erstgeborene fühlt sich zurückgesetzt, er wird sich rächen. Christian Rohrbach bringt einen schon recht ausgebildeten Counter ein, ebenso Alin Deleanu als „Gott“, der im Notizbuch alles vermerkt und nur mühsam Evas Verführungslust widersteht. Sein Alter Ego ist Richard Logiewa als Luzifer, der mit stabilem Bariton den Kain auf die abschüssige Bahn bringt.

Die Streicher des Philharmonischen Staatsorchesters Mainz mit Konzertmeisterin Swantje Hoffmann und die Continuo-Groppe spielen unter Leitung von Ralf Otto kompetent und historisch informiert. Manchmal hätte ein etwas aggressiveres Aufstellen der barocken Affekte noch mehr Bewegung ins musikalische Bild gebracht. Das Publikum ist mit der Aufführung sehr zufrieden.

Eckhard Britsch







Fotos: Martina Pipprich